Die Filialmarke für Kleinstpostämter
(erscheint in der Zeitschrift philatelie 511 - Januar 2020 - Vorabveröffentlichung)
Durch Zufall erfuhrt der Autor von einem schon seit Ende 2018 laufenden Versuch für „Kleinstpostämter“, die fast immer am Tag nur eine Stunde geöffnet haben. Vermutlich handelt es sich dabei um Postfilialen, die benötigt werden, um die Flächenversorgung laut Gesetz zu gewährleisten. Diese Kleinstpostämter, wie sie im folgenden Beitrag weiter genannt werden, besitzen bisher keine Postcomputer und Labeldrucker. Die Abrechnung erfolgte über Papierlisten und eine manuelle Erfassung.
Um hier doch eine gewisse elektronische Steuerung und einen entsprechenden Datenaustausch zu ermöglichen, läuft seit Ende 2018 an einigen ausgewählten Kleinstpostämtern im Bereich Köln und Bonn ein Versuch mit einer tabletbasierten Filialsteuerung. Diese Software und Hardware kommt von der Hamburger Firma Enfore AG. Bekannt wurde die Firma ja in Sammlerkreisen dadurch, das sie die Automatenmarkendrucker im Köln Bonner Versuchsgebiet überwacht und gesteuert hatte. Im folgenden Artikel wird zum einen über den bisherigen Kenntnisstand dieses Versuchs berichtet, zum anderen wird noch kurz auf mögliche Zusammenhänge mit dem abgeschlossenen ATM-Versuch eingegangen.
Einleitung
Vor kurzem war ein Bekannter in 53844 Troisdorf Kriegsdorf in der Birklestr. 52 im dortigen „Kleinstpostamt“. Die Öffnungszeiten sind hier beispielsweise noch recht großzügig Montags, Mittwochs, Freitags und Samstags von 10 bis 12 Uhr, Dienstags und Donnerstags von 15 bis 17 Uhr.
An diesem Standort und einigen weiteren im Bereich Bonn und Köln wurde nun testweise seit Ende 2018 eine sogenannte Point-of-Sale-Lösung, die aus einem Kassenterminal und einer Software besteht und vollkommen digital arbeiten soll, installiert. Sie besteht aus einem Tablet-PC (ein tragbarer flacher Computer ohne Tastatur, der nur noch über Berühren und wischen wie bei einem modernen Smartphone bedient wird), einen Labeldrucker, ein Quittungsdrucker, einer Waage und einen fest installierten Lesekopf für Strichcodes oder Datamatrixcodes. Benötigt wird weiter noch ein Internetanschluss.
Dieses System kann aber auch für die Warenwirtschaft, Lagerhaltung und Logistik oder Zahlungsabwicklung mit Kreditkarten oder EC-Karten genutzt werden. Die Kosten für ein solches System sollen laut Hamburger Firma Enfore AG 1000 Euro betragen. Zielgruppe sind Kleinunternehmen, wie beispielsweise ein Friseur. Interessant ist dieses System aber auch für große Unternehmen wie die Post, den die bisherigen Schaltersysteme bei der Post sind für diese Kleinstpostämter oder Paketannahmeschops mit ihren wenigen Transaktionen pro Tag in der Grundausstattung viel zu teuer. Dieses Point-of-Sale-System wurde in einer unbekannten Zahl von Testpostämtern schrittweise hochgefahren und öfters überarbeitet und aktualisiert.
Bekannt ist die Hamburger Firma ja auch für die Steuerung der fünf Versuchsautomaten in Bonn Bad Godesberg und Köln. Inwieweit diese beiden Versuche parallel oder doch unabhängig liefen, besteht derzeit noch ein gewisser Klärungsbedarf. Weitere bisher bekannte Standorte bezüglich dieses Tablet-PC-Versuches sind 53125 Bonn Ückesdorf, Caspar-David-Friedrich-Str. 1, 53117 Bonn Buschdorf, Buschdorfer Str. 32, 52477 Alsdorf Busch, Alte Aachener Str. 22, 48712 Gescher Hochmoor, Kardinal-von-Galen-Str. 9, 45665 Recklinghausen Suderwich, Schulstr. 3. Wer kennt hier weitere Standorte ?
Nachträgliche Anmerkungen: Am Ende des Artikels werden die bekannten Standorte mit ihren Kennungen gelistet. Folgen Sie einfach diesem Link.
Das Angebot dieser Poststellen ist natürlich nicht sehr umfangreich. Angeboten werden Briefmarken, man kann hier nun hier aber auch seit Versuchsbeginn sogenannte Fililalmarken (FM) für einige wenige Dienstleistungen erhalten. Dies geht bisher für Inlandseinschreiben, Einwurf-Einschreiben Inland oder Bücher- und Warensendungen (BÜWA), die damit frankiert werden können. Geplant ist laut Aussagen von Mitarbeitern vor Ort scheinbar noch die Option Prio-Brief.
Diese Filialmarken sehen fast wie die bekannten Internetmarken aus. Sie unterscheiden sich aber im Kürzel „FM“ für Filialmarke von den Internetmarken (IM). Weiter kann der Labeldrucker außer diesen neuen Fililalmarken noch Päckchen- und Paketlabel erstellen. Diese unterscheiden sich nach bisherigen Erkenntnissen nicht von allen anderen Labeln von richtigen Filialen und deren Labeldruckern. Zusätzlich werden derzeit scheinbar bei nachzuweisenden Sendungen noch interne Label ausgedruckt, die auf einer entsprechenden Liste dokumentiert werden.
Die neuen Filialmarken
Der Matrixcode der neuen Filialmarken (FM) ist von der Größe und von der sonstigen Gestaltung identisch mit den Internetmarken. Der einzige Unterschied ist das Kürzel FM, statt IM (Internetmarke). Wenn man eine Bücher- und Warensendung aufgibt, kann man dies hier nur über den Preis (1,90 Euro oder 2,20 Euro) und das Kürzel FM erkennen, eine zusätzliche Info in Klarschrift, das es sich um das Produkt BÜWA handelt, fehlt.
Eine Analyse des Datamatrixcodes mit der App DM Scanner Pro führt zu keiner weiteren Erkenntnis.Im Unterschied dazu ist bei einem Kauf von Internetmarken Bücher- und Warensendung (BÜWA) dieses neue Kürzel in Klarschrift enthalten.
Bei einem Einwurf-Einschreiben sieht dies allerdings anders aus.
Hier ist beim Auslesen des Matrixcodes einer entsprechenden Filialmarke, genauso wie bei einer entsprechenden Internetmarke, auch die Versendungsform Einwurf-Einschreiben auslesbar.
Die Anordnung des Textes „Einschreiben Einwurf“ und des großen R ist identisch zu einer vergleichbaren Internetmarke bis auf das Kürzel „FM“.
Bei dem Einlieferungsscheins für den Einwurf-Einschreiben ist heute in der Regel auch zusätzlich neben der Sendungsnummer ein entsprechender weiterer Datamatrixcode vorhanden.
Dieser soll Handybesitzern bei der Sendungsverfolgung helfen. Wird bei Benutzung der Post-App für Smartphones dieser Datamatrixcode gesannt, muss nun nicht mehr die Nummer, sondern nur noch das Einlieferungsdatum eingegeben werden. Dann zeigt die App automatisch den aktuellen Sendungsstatus dieser Sendung an. Dies ist natürlich in diesem Fall bei einer zwanzigstelligen Hexadezimalzahl, die die Einlieferungsnummer ist, hilfreich.
Bezüglich eines Päckchenlabels oder eines Paketlabels sind keine Unterschiede zu den Labeln vom normalen Schalterterminalsystem erkennbar. Hier wurde eventuell bei der Programmierung nicht aufgepasst, den diese beginnt auch mit „FI“ statt mit „FM“.
Die entsprechenden Quittungen für die Bezahlung des Portos beziehungsweise der zugehörige Einlieferungsschein sind vom Aufbau her auch fast identisch mit den Quittungen des ATM-Versuches in Bonn Bad Godesberg und Köln.
In der ersten Zeile unter dem Wort Kassenbeleg ist in beiden Fällen die entsprechende Nr. des Kassenbelegs hinter der Jahreszahl zu finden. Diese Belegnummer läuft scheinbar über alle Versuchsstandorte in einer Summe, den eine Analyse der unteren Zeile der Frankier-ID (der fortlaufenden Zählnummer vom jeweiligen Standort) liefert keine großen Umsatzzahlen. Beispielsweise waren beim Standort Troisdorf Kriegsdorf am 31.Oktober 2019 gerade einmal 224 Filialmarken gedruckt worden. Am Standort Bonn Buschdorf waren am 4. November 2019 gerade 285 Filialmarken gedruckt und auch am Standort Bonn Ückesdorf waren an diesem Tag gerade 115 Filialmarken erzeugt worden. Man kann an diesen Daten leicht erkennen, das diese „Kleinstpostämter“ nicht gerade viel Umsatz haben. Dies bestätigt auch ein weiterer Vergleich der Belegnummer von einem Kauf am 4. November 2019 um 9 Uhr 10 in Bonn Buschdorf (88007) und am Nachmittag in Bonn Ückesdorf um 15 Uhr 30 (88228). In diesem Zeitraum wurden also in allen Versuchsfilialen gerade einmal 221 Vorgänge bearbeitet.
Die bisher bekannten Standortkennungen passen außerdem ungefähr zu den Daten der letzten Änderungen bei den Standortkennungen des ATM Versuchs. Folgende Kennungen von den Standorten Troisdorf Kriegsdorf (A0 023 A B1DA – 31.10.2019); Bonn Buschdorf (A0 023B 7575 – 4.11.19) und Bonn Ückesdorf (A0 023B 8E18 – 4.11.2019) lagen dem Autor bis Redaktionsschluss vor. Weitere Daten von anderen Versuchsstandorten des Versuchs mit den Filialmarken zur Vervollständigung des Bildes sind angekündigt.
Nachträgliche Ergänzung: Bekannte Standorte und Kennungen (Datenstand 14.01.2020)
Wer weitere Daten kennt, bitte melden - danke
Resümee
Aufgrund der wenigen bisher mit Filialmarken frankierbaren Versendungsformen, der vermutlich nicht sehr großen Anzahl an Versuchspostämtern und der sehr kurzen Öffnungszeiten ist es kein Wunder das diese bisher in Sammlerkreisen nicht aufgefallen sind. Würde man einmal 20 Versuchspostämter als Berechnungsgrundlage annehmen und weiter von durchschnittlich 200 dort verkauften Labeln ausgehen, so wären dies gerade mal 4000 Label, die über diese Testfililalen verkauft wurden. Da dieser Versuch scheinbar über die selbe Softwareplattform der Hamburger Firma Enfore AG, wie die ATM-Münzwertzeichendrucker in Bonn Bad Godesberg und Köln gesteuert wird ,wird hier im Nachhinein einiges klarer. Die fünf ATM-Drucker waren scheinbar nur ein Nebenprodiukt dieses Point-of-Sale-Versuchs. Vermutlich wurden im Laufe des Versuchs einige Parameter wie zum Beispiel die Standortkennungen und oder die Erfassung und Auswertung zur Steuerung der Versuchsfilialen zu Testzwecken geändert. Dabei wurden dann eventuell unbeabsichtigt auch der eine oder andere Parameter dieser fünf Versuchsstandorte wie beispielsweise die Standortkennung geändert. Dies würde die Vielfalt und bisher nicht logisch erklärbaren Änderungen der Standortkennungen der fünf Versuchsstandorte nachträglich in einem anderen Licht erscheinen lassen. Vielleicht ist dies ja auch der Grund, das die Wiederinbetriebnahme der Geräte für die Produktion der Versandstellen-ATM bedingt durch diese Zusammenhänge nicht so einfach ist, wie man sich das als Laie denkt.