Geheimprojekt „Die 49. Goldene Kamera – Plusbrief Individuell oder doch Marke Individuell“ ?

(erscheint in philatelie 442 - April 2014)

 

Die „Goldene Kamera“, der bekannte deutsche Film- und Fernsehpreis, wurde Anfang Februar zum 49. Mal verliehen. Die Deutsche Post AG wurde dabei als einer von zehn Partnern (Sponsoren) genannt. Beim Sponsoring lautet das Motto ja normalerweise „Tue Gutes und Rede darüber“, aber weder der Veranstalter der "Goldenen Kamera", die HÖRZU noch die Deutsche Post AG wollten sich auf eine offizielle Presseanfrage zu diesem Thema äußern. Man schweigt und vertuscht, was diesmal dabei schief gelaufen ist. Aber das Internet verschweigt nichts, denn die Suchmaschinen wie Google finden doch fast alles. Dieser Artikel erzählt eine Geschichte die im April 2013 begonnen und vor wenigen Wochen mit der Verleihung der „Goldenen Kamera 2013“ ihr (vorläufiges) Ende genommen hat.

Der Maxibriefkarton mit der aufgeklebten Marke Individuell zu 240 Cent - der Adressaufkleber wurde aus Datenschutzgründen entfernt und nur symbolhaft mit einer Musteradresse versehen

 

 

Die Vorgeschichte

 

Die Firma Otto Theobald GmbH ist ein Hersteller und Lieferant für Plusbriefe in kleineren Auflagen, Plusbriefen Individuell und Marken sowie Portocards Individuell für Kunden, die bei der Deutschen Post AG diese Produkte bestellen. Wer die Firmenwebseite aufruft, findet dort auch eine Rubrik „Plusbrief“. Wird diese geöffnet, sieht man eine sehr interessante Abbildung zu einem Plusbrief, der anlässlich der 46. Verleihung der „Goldenen Kamera“ hergestellt wurde (zumindest war diese Abbildung noch am 24. Februar 2014 auf dieser Webseite). Dort wird speziell mit einem  Plusbrief Individuell zur Golden Kamera geworben unter dem Motto „Kreieren Sie für den besonderen Anlass edle Kuverts durch Verfahren wie zum Beispiel Folienprägung. Individuelle Innendrucke unterstützen das besondere Design“.

Gezeigt wird auf der Internetseite ein 55 Cent-Plusbrief, dessen Motiv anstatt mit Hilfe des herkömmlichen Drucks mittels einer goldenen Folieprägung hergestellt wurde. Eine offizielle Presseanfrage bei dem Organisationsbüro der „Goldenen Kamera“ in Berlin für einen Artikel in der philatelie wurde ignoriert beziehungsweise kommentarlos an den Sponsor weitergeleitet. Dieser wiederum weigerte sich, über seine Kunden Aussagen zu machen. Sponsoring ist scheinbar eine geheime Kommandosache, die vertuscht und verschleiert werden soll. Interessanterweise fanden die Suchmaschinen im Internet weitere Spuren. Eine dieser Spuren führt zum kleinen aber feinen Designbüro Paperlux GmbH in Hamburg, die laut ihrer Firmenhomepage schon mehrere Jahre für "HÖRZU" beziehungsweise das Organisationsbüro „Goldene Kamera“ arbeiten. Deren neun Mitarbeiter sind seit 2008 für das Design im Rahmen der Veranstaltung „Goldene Kamera“ zuständig. Dies schließt auch die entsprechenden "Plusbriefe Individuell" ein, die das Organisationsbüro verschickt.

Die möglichen High-Societygäste erhalten in der Regel drei unterschiedliche Briefe. Im ersten sind ausführliche Unterlagen zur Veranstaltung enthalten. Aus diesem Grunde handelt es sich hier oft um einen Großbrief oder sogar Maxibrief. Weiter enthält diese erste Aussendung einen Rückumschlag an das Organisationsbüro, in dem man sein Kommen zusagt. Dieser wird dann vom Organisationsbüro vernichtet. Zum Schluß erhält man kurz vor der Veranstaltung die entsprechende Bestätigung und Einlasskarte für die Veranstaltung, auch wieder in Form eines entsprechend gestalteten Plusbriefs.

Da es sich hier nicht um "normalsterbliche" Bürger handelt, werden diese Briefe oft vom zuständigen Management oder der jeweiligen Sekretärin geöffnet und landen dann zu 99,99 % in der Papiertonne, da diese Personen von Philatelie und von Briefmarken in der Regel keine Ahnung haben und diese das besondere Design in keinster Weise interessiert. Für diese Angestellten ist nur die eigene Arbeit wichtig: Will oder kann der betreute Künstler an dieser Veranstaltung teilnehmen oder nicht? Wie der Umschlag aussieht, in dem dies zugeschickt wird, ist unwichtig.

 

Dabei betreiben die Veranstalter und der Sponsor einen großen Aufwand für diese Mülltonne. Das vorhandene Basis Coporate Design wurde in jedem Jahr durch eine spezielle Gestaltung der Eventkommunikation ergänzt. 2008 stand beispielsweise alles unter dem Motto „Little Brown Box“. Im Jahr 2010 war alles unter dem Motto „Black-and-Whit-Burlesque“ Look: Die entsprechende Freimachung der Plusbriefe hatten einen Zierrahmen, so wie ihn die Briefmarkensammler auch aus der Anfangszeit der Philatelie kennen. Im Jahr 2011 lautete das Motto „Stay Golden“, dies wurde in allen Elementen beim Design berücksichtigt von großflächigen Heißfolienprägungen in der Einladung bis zu der ersten „goldgeprägten Briefmarke“ in Form eines Plusbriefs individuell überhaupt. Ein Bild dazu finden interessierte Leser zum einen auf der Webseite der Firma Otto Theobald GmbH als auch bei der Homepage von Paperlux unter http://www.paperlux.com/design/goldene-kamera und der Unterseite 2011. Bei genaueren Betrachten der Abbildung hat es den Anschein, als ob die Folie in das Papier eingearbeitet wurde, denn die Papierebene ist höher.

Im Jahr 2012 wollte man passend zum Motto der Dinnerparty „La Dolce-Vita“ nicht nur das cineastische Scharzweiß-Flair der 50er und 60er Jahre in neuen Glanz erstrahlen lassen, auch die Freimachung des Plusbriefs Individuell wurde entsprechend gestaltet. Es entstand eine Freimachung mit vermutlicher Heißprägung einer goldenen Folie für das Motiv einer goldenen Kamera, das ohne einen Briefmarkenrand eingesetzt wurde. Nur der dezente gelbliche Hintergrundfarbton hob das Freimachungsmotiv vom Umschlag hervor. Im Jahr 2013 war für die Verleihung der 48. Goldenen  Kamera das Motto „Shades of Grey“ zu Deutsch (frei übersetzt) „Die Vielfalt der grauen Farbe“ gewählt worden. Bezüglich der Freimachung beim Plusbrief Individuell wird das Markenmotiv in negativer Form dargestellt. Dazu ist der Markenrand und der rechte Teil der Freimachung schwarz, während die typischen Angaben wie Produktname, Wertangabe, Deutsche Post und Matrixcode in weiß hervorgehoben werden. Alles wurde außerdem mit einen Iriodinlackierung zur Veredlung versehen.

Während der Veranstalter „Goldene Kamera“ der philatelistischen Fachpresse keine Informationen zukommen ließ, erhieten Kollegen von der Zeitung „Die Welt“ ausführliche Informationen und berichteten reißerisch „Diese Einladungen sind echte Sammlerstücke“.

Der Artikel aus "Die Welt" vom 2.2.2013 - wo andere Pressekollegen Informationen zu diesem Thema erhielten, aber der philatelistischen Fachpresse wurden diese Infos verweigert - Teil 1

Der Artikel aus "Die Welt" vom 2.2.2013 - wo andere Pressekollegen Informationen zu diesem Thema erhielten, aber der philatelistischen Fachpresse wurden diese Infos verweigert - Teil 2

 

 

Da  Veranstalter wie auch Sponsor aber schweigen, sind es letztlich höchsten Sammlerstücke für die Mülltonne, denn wenn es keine entsprechenden Informationen gibt, wie soll man dann den Wert und Aufwand erkennen, der hinter diesen Einladungsbriefen steckt ?

 

 

Die Verleihung der 49. Goldene Kamera

 

Am 1. April 2013 trafen sich scheinbar die Verantwortlichen des Organisators der Goldenen Kamera und des Sponsors Deutsche Post AG, um für das Jahr 2014 zu planen. Man setzte sein rosaroten Marketing-Brillen auf, zur Generierung eines neuen Mehrwerts. Die 1. April-Idee des Jahres 2013 für die Veranstaltung Anfang Februar 2014 war es nun, erstmals statt der bisherigen „Plusbriefe Individuell“ das Produkt „Marke Individuell“ zu benutzen. Da sich der Veranstalter „Goldene Kamera“ und die Deutsche Post AG als Sponsor weigerten, nähere Informationen zu liefern, musste der Autor zur weiteren Recherche ein wenig in die Trickkiste greifen. So erfolgte ein größeres Mailing an vermutete High-Societygäste mit der Bitte, falls diese eine entsprechende Einladung erhielten, den Brief als Scan oder sogar im Original dem Autor für eine Veröffentlichung und Archivzwecke zur Verfügung zu stellen. Die Standardantwort war häufig: "Den Umschlag haben wir mit den Finger aufgemacht und danach im Mülleimer entsorgt".

Wo hier der Nutzen bezüglich eines Sponsoring für die Deutsche Post AG liegt, ist mehr als fraglich. Vermutlich vergleicht man aber Äpfel mit Pflaumen und der normale Kunde und Briefmarkensammler müssen dafür herhalten, das sich die Umsatzzahlen des Produktes "Plusbrief Individuell" gesteigert haben. Die Zielgruppe der High-Societygäste aber wird bestimmt nur sehr selten oder gar nie ein solches Produkt von der Deutschen Post AG gekauft haben. Jedenfalls sind noch keine Meldungen diesbezüglich von Sammlern oder von Internetforen bekannt.

Aber in einem Fall hatte dieses Mailing Erfolg. Eine deutsche Künstlerin beziehungsweise ihre zuständiges Management, die an dieser Stelle namentlich nicht genannt werden wollen, hatte Verständnis für die Philatelisten und Leser der Zeitschrift philatelie. Aus diesem Grunde können wir die Leser an dieser Stelle doch noch über die entsprechenden "Marken Individuell" unterrichten. Wie bereits erwähnt bestand das Mailing des Organisationsbüros „Goldene Kamera“ wieder aus drei Teilen. Im ersten Teil wurde ein Maxibrief an die  auserwählten Gäste verschickt. Es handelte sich dabei um eine ansprechend gestaltete Pappschachtel im Format 24,8 mal 22,4 Zentimeter. Diese Schachtel hatte einen dezenten weißen Zierrahmen. In der Mitte konnte man in weißer Schrift lesen „Die Goldene Kamera – von Hörzu“, rechts unten befand sich der Adressaufkleber für den erlesenen Gast. 

Der Maxibriefkarton mit der aufgeklebten Marke Individuell zu 240 Cent - der Adressaufkleber wurde aus Datenschutzgründen entfernt und nur symbolhaft mit einer Musteradresse versehen

 

Rechts oben war eine "Marke Individuell" mit der Wertangabe 240 Cent zu sehen. Diese Marke weißt einige Besonderheiten auf, die nun näher vorgestellt werden. Dies fängt schon mit dem Format der Marke an, das 86 mal 33 mm beträgt. Von der Zähnung her müsste es sich um eine Bogenmarke gehandelt haben. Die Marke selbst besteht scheinbar aus einer Heißprägung einer silbernen Folie, die sowohl das Motiv, als auch die Wertangabe, den Postmatrixcode und den Schriftzug „Deutsche Post“ umfasst. Damit diese Marke nicht mit einem hässlichen Handrollstempel verunstaltet wird, wurde die Entwertung gleich in Form einer Frankierwelle im linken Teil in schwarzer Farbe dazu gedruckt. Es ist das erste Mal das eine Marke Individuell in diesem Format mit dieser Technik hergestellt wurde.

Marke Individuell 240 Cent im Sonderformat 86 x 33 mm mit einer Vorausentwertung in Form einer dazu gedruckten Frankierwelle mit dem Produktnamen "Plusbrief Individuell"

 

Aber halt, ist es wirklich eine "Marke Individuell", wie es auf den ersten Blick scheint? Betrachtet man das „Kleingedruckte“ so fragt man sich, was ist das nun? Denn im Kleingedruckten steht als Produktname „Plusbrief Individuell“. Das ganze ist aber kein Plusbrief! Handelt es sich hier etwa um einen Aprilscherz oder lag es an den rosaroten Marketing-Brillen? Vielleicht wurde das Produkt  wieder einmal umgetauft, was ja auf diesem Sektor schon häufiger vorgekommen ist. Denn einmal stand beispielsweise unter der "Pluskarte Individuell" die entsprechende URL, das andere Mal nur der Produktname in Kursivschrift, später dann in gerader Schrift und neuerdings liest man unter dem Motiv auf einer "Pluskarte Individuell" nun „Plusbrief Individuell“.

Eine von vielen Pluskarten, die als Produktname aber unter dem Motiv "Plusbrief Individuell" genannt werden

 

Soll also auch die Marke Individuell zukünftig „Plusbrief individuell“ lauten

Eine Ausschnittsvergrößerung mit dem neuen Produktnamen "Plusbrief Individuell" ?

 

oder nennen wir das Produkt doch „Briefmarke Individuell“ oder noch ganz anders?

Hier eine Marke Individuell mal wieder mit einem neuen Produktnamen und oder Layoutänderung nun scheinbar "Briefmarke Individuell" - da sich hier fast jährlich etwas ändert, warten wir mal ab, wie das ganze nächstes Jahr genannt wird!

 

Vielleicht sollte man hier doch mal einen Ideenwettbewerb ausschreiben, damit endlich für mehrere Jahre Klarheit herrscht, wie das Produkt nun genannt werden soll.

Diesem großen Maxibrief lag jedenfalls ein sehr schön gestalteter Rückumschlag an „Die Goldene Kamera von Hörzu“, Organisationsbüro, Kantstr. 33 in 10625 Berlin bei.

Der Rückumschlag zur Antwort an daa Organisationsbüro von vorne vorfrankiert mit einer 58 Cent Marke in Rollenform

 

Der Brief war mit einer Briefmarke zu 58 Cent in demselben Design wie die 240 Cent Marke vorfrankiert. Bei der Marke selbst handelte es sich um eine "Rollenmarke Individuell" in den bekannten Maßen, wie die Zähnung zeigt.

Die 58 Cent Rollenmarke vergrößert dargestellt

 

Das Design ist gut, denn im Inneren des Umschlags steht der Hinweis“ Bitte in den Briefkasten der Deutschen Post einwerfen“ – nicht das der Brief aus Versehen bei der Pin AG oder einem andern Privatpostdienstleister auftaucht und dadurch eine größere Laufzeitverzögerung entsteht.

Die Rückseite des Rückumschlags mit vergrößert eingeblendeter Innendruckgestaltung "Bitte in die Briefkästen der Deutschen Post einwerfen"

 

Da dieser Rückumschlag in der Regel ohne Absender zurück geschickt worden sein dürfte, hätte man diesen beispielsweise für eine wohltätige Aktion wie „Ein Herz für Kinder“ in Philateliekreisen versteigern können. Bei 1000 Umschlägen je 10,00 Euro wären dies beispielsweise 10.000 Euro für eine Gute Sache gewesen. Aber auch dieser Vorschlag wurde vom Organisationsbüro ignoriert. Diese Summe von 10.000 Euro sind wohl nur "Peanuts" für den Veranstalter und die Deutsche Post AG.

Diejenigen, die dem Organisationsbüro mitgeteilt haben, das Sie kommen, erhielten im Januar 2014 einen dritten Brief, wieder freimacht mit einer Marke individuell in Rollenform, allerdings schon zum neuen Portowert von 60 Cent, wie eine Scan eines Sammlers zeigt, der mir diesen zur Verfügung stellten konnte.

Der dritte Umschlag vom Organisationsbüro mit den Einladungskarten - dieser wurde auch hier mit einem "Wurstfinger" geöffnet, aber konnte zumindest vor der Mülltonne gerettet werden - Sammlung A.L.

 

Auch bei der 58 Cent Marke und der 60 Cent Marke steht im Kleingedruckten „Plusbrief Individuell“.

Vergößerter Ausschnitt der 58 Cent-Marke mit dem Produktnamen "Plusbrief Individuell"

Vergößerter Ausschnitt der 60 Cent-Marke mit dem Produktnamen "Plusbrief Individuell" 

 

Da bisher nur diese drei genannten einzelnen Marken (herausgegeben von der Deutschen Post AG als Sponsor) vor der Mülltonne gerettet werden konnten, kann man diese schon jetzt als die „blaue Mauritius“ des 21. Jahrhundert bezeichnen, denn weitere Exemplare sind nicht bekannt und wurden bewusst oder unbewusst alle in der Mülltonne entsorgt – das Sponsoring war also sehr erfolgreich!

 

 

Resümee

 

Die erste Sitzung für das Konzept "49. Goldene Kamera" fand am 1. April 2013 statt. Eine Frage sei erlaubt: Handelte es sich vielleicht um einen Aprilscherz, die "Marke Individuell" als „Plusbrief Individuell“ zu bezeichnen oder war es Absicht und deshalb so geheim, damit auch ja alle Belege und Marken wieder in der Mülltonne landen, um diese Spuren zu verwischen? – Dann war die Aktion auf alle Fälle nicht erfolgreich. Gutes Sponsoring sieht wohl anders aus, denn was nützt ein Sponsoring, wenn man alles vertuscht, verschleiert und verschweigt? Vielleicht handelt es sich ja auch nicht um Sponsoring sondern indirekte Vergünstigungen für den Axel Springer Verlag als Großkunden, der die Hörzu herausgibt?

Lassen wir uns überraschen, was sich das Produktmanagement "Individuellprodukte" dieses Jahr am 1. April für neue Überraschungen ausdenkt. Vielleicht gibt es ja nach dem „Wurstbrief“ (siehe philatelie 358, April 2007 oder auch unter www.wurstbrief.de) in wenigen Tagen erstmals eine „Wurstmarke Individuell“ in Rollenform mit Heißprägung?