Gefälschte Rollenmarken mit EAN-Code

 Coautor - Bernd Hanke

(erscheint in philatelie 548 - Februar 2023)

Mitte Dezember erhielten die Autoren Hinweise, dass es bei den nassklebenden 155 Cent Buschwindröschen ungewöhnliche Rollenenden geben sollte. Daher bestand ein erster Anfangsverdacht, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte. Wenige Tage später folgte eine weitere Meldung zur nassklebenden 200er-Rolle 100 Cent Alpenveilchen. Nachdem erste Muster der verdächtigen Marken vorlagen, war klar dass es sich tatsächlich um Fälschungen handelt. Gefälscht wurden aber nicht nur die Marken und das passende EAN-Code-Feld, sondern auch die rückseitigen Nummern und die dazugehörige Verpackung.

 Die zur Prüfung vorliegenden gefälschten fünfer-Streifen, links die gefälschten Alpenveilchen, rechts die gefälschten Buschwindröschen
Die zur Prüfung vorliegenden gefälschten fünfer-Streifen, links die gefälschten Alpenveilchen, rechts die gefälschten Buschwindröschen

Ein kurzfristiger Anbieter bot hier etwas über Ebay Deutschland an. Geliefert wurde es aber direkt aus China. Weitere Angebote wurden bei Ebay.com (dem internationalen Ebay) gesichtet. Eine Analyse des Verkäufers brachte weitere interessante Erkenntnisse zutage. Man konnte aus China auch gefälschte schwedische Markenheftchen oder kanadische Rollenmarken kaufen. Entsprechende Details zu diesem internationalen Teil werden aber in einem separaten Artikel näher beleuchtet. Im folgenden Artikel werden, die zwei Fälschungen ausführlich vorgestellt. Zuerst werden die Marken verglichen, dann folgen Details zur Rolle mit EAN Code und zum Schluß werden die Unterschiede der Verpackungen vorgestellt.

 

Die Marken selbst

 

Da einige Merkmale bei beiden Fälschungen identisch sind, beginnt die Vorstellung heute in etwas anderer Reihenfolge, wie bei den bisherigen Fälschungsartikeln. Betrachtet man die echten und falschen Marken unter UV.Licht mit 365 Nanometer, so gibt es erst einmal keine großen Unterschiede.

Vergleich Alpenveilchen unter UV-Licht mit 365 Nanometer, links die echte Marke, rechts die Fälschung
Vergleich Alpenveilchen unter UV-Licht mit 365 Nanometer, links die echte Marke, rechts die Fälschung

Wie man der Abbildung am Beispiel Alpenveilchen entnehmen kann, wirkt die gefälschte Marke etwas kräftiger und mehr ins Gelb gehend. Hier wurde der Fluoreszenzstoff in einer zusätzlichen Lackierung auf den Marken aufgebracht. Bei den echten Marken befindet er sich bekanntlich im Papierstrich und erscheint etwas blasser. Eine Untersuchung mit Infrarotlicht mit 980 Nanometer hat ergeben, dass die Fälschungen keine Seltenen Erden aufweisen. Hier fehlt also das zweite Sicherheitselement. Details zur Gummierung, Nummerierung und Zähnung werden im nächsten Abschnitt genauer betrachtet.

 

Betrachten wir nun Details zu den benutzten Farben und Rasterwinkeln anhand ausgewählter Bildelemente jeweils getrennt nach dem Motiv. Bezüglich der Rasterwinkel gibt es überraschender Weise beim Alpenveilchen keine Unterschiede. Sowohl das Original als auch die Fälschung wurden mit Gelb 0 Grad, Magenta 45 Grad, Cyan 75 Grad und die Wertziffer in Magenta gedruckt ist, Allerdings haben die Fälscher die typische Umrandung des Blumenmotivs übersehen oder vergessen.

Vergleichender Bildausschnitt der linken unteren Ecke, links das Original, rechts die Fälschung, bei der deutlich die fehlende Umrandung erkennbar ist
Vergleichender Bildausschnitt der linken unteren Ecke, links das Original, rechts die Fälschung, bei der deutlich die fehlende Umrandung erkennbar ist

Dies kann man beim Alpenveilchen nur links unten in der Ecke beim Stiel der Blume gut erkennen. Dort kann man bei der echten Marke einen roten Rahmen sehen, der bei der Fälschung fehlt. Weiter findet man bei der Fälschung dort auch noch im Bereich der weißen Fläche außerhalb des Motivs leichte gelbe Rasterpunkte.

Bei dem Blumennamen machen die meisten Fälscher deutliche Fehler, denn sie übersehen die dünne schwarze Linie zur Abgrenzung des jeweiligen Buchstabens. Diese ist natürlich bei der echten Marke vorhanden, aufgrund leichter Passerverschiebungen aber schwer zu sehen.

Vergleich eines Teils des Blumennamens – links die echte Marke, rechts die Fälschung
Vergleich eines Teils des Blumennamens – links die echte Marke, rechts die Fälschung

Auch bei der rechts gezeigten Fälschung ist eine zarte dünne schwarze Line zur Abgrenzung der Buchstaben vorhanden. Diese sind aber oft nur bei Passerverschiebungen deutlich erkennbar. Die Buchstaben sind relativ gut nachgemacht, sie unterscheiden sich nur minimal in der einen oder anderen Serife.

Betrachten wir abschließend noch einen Ausschnitt der Blüte genauer. Hier kann man ergänzend erkennen, dass die Farben bei der Fälschung matter wirken, während diese beim Original glänzen.

Ein Blütenausschnitt im Vergleich, links die echte Marke, rechts die Fälschung
Ein Blütenausschnitt im Vergleich, links die echte Marke, rechts die Fälschung

Dies ist besonders bei der schwarzen Farbe gut zu sehen. Der Farbglanz bei den echten Marken wird durch eine größere Schichtdicke erzeugt. Bei der Fälschung ist allerdings der Gelbanteil etwas höher, was man besonders beim Stil erkennen kann.

 

Wie beim Alpenveilchen sind auch beim Buschwindröschen die Rasterwinkel des Originals und der Fälschung identisch. Beide wurden mit Gelb 0 Grad, Magenta 45 Grad, Cyan 75 Grad und Schwarz 15 Grad gedruckt. Allerdings gibt es beim Original noch die Sonderfarbe Grün für den Rahmen und die Wertziffer / Landesbezeichnung. Der Unterschied in den grünen Farben ist gut in der linken oberen Ecke zu sehen.

Bildvergleich der linken oberen Ecke beim Buschwindröschen, links die echte Marke mit Rahmen, rechts die falsche Marke ohne Rahmen
Bildvergleich der linken oberen Ecke beim Buschwindröschen, links die echte Marke mit Rahmen, rechts die falsche Marke ohne Rahmen

Bei der Fälschung wurde die Farbe der Wertziffer / Landesbezeichnung aus Gelb und Cyan erzeugt.

 

Betrachten wir nun als nächstes Bildelement einen Teil des Schriftzugs Buschwindröschen genauer. Da sowohl die echte Vorlage, als auch die Fälschung leichte Passerverschiebungen besitzen, kann man hier die schwarze Linie um den jeweiligen Buchstaben gut erkennen. Diese Linie ist bei der Fälschung allerdings sehr dünn, im Vergleich zur echten Marke.

Bildvergleich eines Teils des Blumennamens, links die echte Marke mit Rand , rechts die Fälschung
Bildvergleich eines Teils des Blumennamens, links die echte Marke mit Rand , rechts die Fälschung
Die Blüten des Buschwindröschens, links die echte Marke, rechts die Fälschung, die wesentlich mehr rote Rasterpunkte enthält.
Die Blüten des Buschwindröschens, links die echte Marke, rechts die Fälschung, die wesentlich mehr rote Rasterpunkte enthält.

Bedingt durch den höheren Anteil an roten Rasterpunkten wirkt die Blüte insgesamt deutlich dunkler und etwas unscharf. Im Original wird die Blüte durch den geringen Anteil an roten Rasterpunkten viel zarter gezeichnet.

 

Details zu den Rollen

 

Betrachten wir zuerst die EAN-Codefelder genauer. Auf den ersten Blick sind keine Unterschiede erkennbar. Die Schrifttype der Ziffern ist gleich, die Zahlen sind beim Original und der Fälschung identisch. Unterschiedlich ist nur die schwarze Farbe, die im Original einen glänzenden Eindruck hinterlässt, während diese bei der Fälschung matt wirkt. Vergleicht man die Maße der Balken bezüglich der Breite und Höhe, gibt es auch nur minimale Unterschiede. Die gefälschten Balken wirken leicht schlanker.

Vergleich der EAN-Balken am Beispiel der 155 Cent Marke Buschwindröschen – links die echten Balken, rechts die gefälschten Balken
Vergleich der EAN-Balken am Beispiel der 155 Cent Marke Buschwindröschen – links die echten Balken, rechts die gefälschten Balken

Die gefälschten Rollen sind mit einen weißen Aufkleber geschlossen. Interessant dabei ist, dass dieser Aufkleber bei der 100 Cent Rolle auf dem EAN-Feld klebt, das hier den Rollenabschluß bildet. Die folgende erste Marke trägt rückseitig die Nummer 200. Im Vergleich dazu befindet sich dieser weiße Aufkleber auf der letzten gefälschten Marke Buschwindröschen ohne Nummer. Die rückseitige Nummer befindet sich erst auf der fünften Marke, gefolgt vom ersten EAN-Codefeld. Daher hört diese Rolle auch mit der Nummer 5 und dem folgenden EAN-Codefeld auf. Weiter ist die Nummerierung beider Marken um 180 Grad zueinander verdreht gedruckt worden.

Zu sehen ist hier jeweils der gefälschte Rollenanfang der beiden Marken Alpenveilchen und Buschwindröschen – links die Vorderseite des Rollenanfangs, rechts die Rückseite. Dabei ist der Rollenanfang Buschwindröschen um 180 Grad gedreht
Zu sehen ist hier jeweils der gefälschte Rollenanfang der beiden Marken Alpenveilchen und Buschwindröschen – links die Vorderseite des Rollenanfangs, rechts die Rückseite. Dabei ist der Rollenanfang Buschwindröschen um 180 Grad gedreht

Betrachten wir nun die Nummerierung genauer. Die gefälschten Marken besitzen eine nachgemachte punktierte Nummerierung. Diese Nummerierung wurde aber beim Alpenveilchen wenige Wochen nach Beginn der Produktion dieser Marken auf eine neue Nummerierungsmaschine mit deutlich anderem Aussehen umgestellt. Laut den Spezialisten der Arge RSV gibt es beide echte Ausgaben mit alter und neuer Nummerierung der Bundesdruckerei.

 Vergleich der rückseitigen Nummern (nicht exakt gleicher Massstab): links die alte Punkte-Nummerierung der Bundesdruckerei, in der Mitte die aktuelle Nummerierung bei der Bundesdruckerei, rechts der Versuch der Fälscher, die punktierte Nummerierung nachzumachen
Vergleich der rückseitigen Nummern (nicht exakt gleicher Massstab): links die alte Punkte-Nummerierung der Bundesdruckerei, in der Mitte die aktuelle Nummerierung bei der Bundesdruckerei, rechts der Versuch der Fälscher, die punktierte Nummerierung nachzumachen

Während die Alpenveilchen erstmals mit alter Nummerierung (Punkte) mit bisherigen Frühdatum vom 18.12.2017 vorliegen und mit neuer Nummerierung ab dem Verpackungsdatum 18.02.2020 nachgewiesen sind, war diese Zeitspanne bei den Rollen mit dem Motiv Buschwindröschen deutlich kürzer. Hier ist das bisher bekannteste Frühdatum der Verpackung vom 7.6.2019 und schon wenige Wochen später (30.7.2019) wurden diese mit der neuen Rollenkonfektionsmaschine gekennzeichnet und verpackt. Wie im nächsten Abschniit bezüglich der Verpackung zu lesen ist, haben die Fälscher hier bezüglich der Daten wann erstmals welche Marken erschienen beziehungsweise vorher gedruckt und verpackt wurden, mit nicht zueinander passenden Daten gearbeitet. Betrachtet man die aufgedruckten Nummern genauer, so stellt man fest, dass diese silbern sind und eine Größe von 4,5 Millimeter haben.

Hier ein Ausschnitt der gefälschten rückseitigen Nummern. Außer dem silbernen Glanz sieht man auch noch deutlich die Rasterpunkte der Gummierung
Hier ein Ausschnitt der gefälschten rückseitigen Nummern. Außer dem silbernen Glanz sieht man auch noch deutlich die Rasterpunkte der Gummierung

Überraschend ist, das die Gummierung in Rasterform aufgedruckt wurde. Ein weiterer Vergleich der Rückseite hier am Beispiel der echten Marke Buschwindröschen und der falschen Marke zeigt deutlich einige Zähnungsunterschiede. Zwar unterscheidet sich die Perforation nicht, bei beiden ist sie14, aber die Lochgröße unterscheidet sich doch deutlicher. Bei den echten Marken sind die Löcher größer und unter dem USB-Mikroskop kann man deutlich die Schleifperformation an dem vorliegenden Vergleichsstücken erkennen.

Links die Rückseite einer echten Marke Buschwindröschen mit neuer Nummerierung, rechts die Fälschung mit der deutlich anderen senkrechten Trennung
Links die Rückseite einer echten Marke Buschwindröschen mit neuer Nummerierung, rechts die Fälschung mit der deutlich anderen senkrechten Trennung

Sehr deutlich unterscheiden sich die echten und die falschen Marken an der senkrechten Trennung. Während diese bei den echten Marken eher einen „gerissenen“ Eindruck hinterlässt, ist bei der Fälschung eine saubere gestanzte und gerade geschnittene Kante zu sehen (so wie dies bisher vor allem von selbstklebenden Marken bekannt ist).

 

Die Verpackung

 

Die weißen Schachteln, in denen die nassklebenden Rollenmarken von der Deutschen Post verschickt werden, sind bei der Fälschung nicht von den echten zu unterscheiden. Allerdings haben die Fälscher bezüglich der gelben Aufkleber mit den Daten des Inhalts der entsprechenden Rolle einige Fehler gemacht. Diese Fehler sieht man aber bei der 100 Cent Alpenveilchen nur auf dem zweiten Blick, wenn man einige Details genauer betrachtet. Bei dem gelben Aufkleber für die 155 Cent Buschwindröschen ist den Fälschern aber schon oberflächlich ein gravierender Flüchtigkeitsfehler passiert. Zuerst gedruckt wurden scheinbar, die gelben Aufkleber für die Alpenveilchenfälschungen. Wer sich echte Verpackungen anschaut, wird feststellen, das die Beschriftung der gelben Aufkleber mittels Druckers mit exakter genauer Uhrzeitangabe erfolgt, daher wirkt die Schrift hier etwas ausgefranzt.

Druckausschnitt des Verpackungsaufklebers – hier die Uhrzeit: links der echte Aufkleber mit der ausgefranzten Schrift, im Gegensatz dazu rechts die Fälschung mit sauberer Schrift und leicht gerasterten Papier
Druckausschnitt des Verpackungsaufklebers – hier die Uhrzeit: links der echte Aufkleber mit der ausgefranzten Schrift, im Gegensatz dazu rechts die Fälschung mit sauberer Schrift und leicht gerasterten Papier

Die Chinesen haben einfach immer den selben Aufkleber mit den selben Uhrzeitangaben hergestellt, die Schrift wirkt daher sehr sauber. Beim Druck der Aufkleber für die Buschwindröschenverpackungen wurde zwar das Hauptdatum und die Uhrzeitangabe gewechselt. Auch die anderen Details wurden richtig geändert, bis auf den Blumennamen selbst. Dort steht „Alpenveilchen 200 PWz 155 Cent Wert 310 Euro“, statt „Buschwindröschen 200 Pwz 155 Cent Wert 310 Euro“,

 Links der gefälschte Verpackungsaufkleber Alpenveilchen, rechts der falsche Aufkleber mit dem falschen Blumennamen „Alpenveilchen“ statt „Buschwindröschen“
Links der gefälschte Verpackungsaufkleber Alpenveilchen, rechts der falsche Aufkleber mit dem falschen Blumennamen „Alpenveilchen“ statt „Buschwindröschen“

Weiter ist die gelbe Farbe des Aufklebers bei den Originalen etwas kräftiger und das Papier glänzt stärker. Die gefälschten Aufkleber für die Alpenveilchenverpackungen tragen immer als Datum den 18.2.17. Zu diesm Zeitpunkt gab es diese Marken aber noch nicht. Erstausgabetag war hier der 1. März 2018, das früheste bisher bekannte Verpackungsdatum stammt vom 18.12.17 und nicht vom 18.2.17. Die Uhrzeitangabe lautet immer 10.25.39. Beim gefälschten Aufkleber für die Buschwindröschen tragen die Aufkleber immer das Datum 29.1.21 und die Uhrzeit 16.44.58. Der Erstausgabetag war hier der 1. Juli 2019 (sowohl für die 200er als auch die 500er Rolle)., das früheste bekannte Verpackungsdatum lautet hier 7.6.2019.

 

Resümee

 

Es ist schon erstaunlich, das diese Fälschungen nachweislich erstmals direkt aus China geliefert werden. Dies geschieht sogar in knapp zwei Wochen über Belgien und GLS Deutschland bis zum Empfänger. Bezüglich der Zollangaben wird natürlich gelogen, angeblich handelt es sich um „sticker“, die keinen Warenwert besitzen.

Unterster Aufkleber auf Versandtüte aus China mit falscher Zolldeklaration
Unterster Aufkleber auf Versandtüte aus China mit falscher Zolldeklaration

Wer diese Produktion in Auftrag gegeben haben könnte, ist derzeit noch nicht klar. Weiter ist derzeit noch nicht abschließend geklärt, ob es sich bei den beschriebenen zwei neuen Fälschungen um die einzigen handelt, die in China aus dieser Quelle hergestellt und von dort vertrieben werden. Weitere Nachforschungen diesbezüglich laufen noch.