Neue Folienblattfälschungen
Coautor - Bernd Hanke
(erscheint in philatelie 541 - Juli 2022)
In der philatelie 521 vom November 2020 hatten die Autoren letztmals über aktuelle Fälschungen berichtet. Zwar folgte dann in der Ausgabe 534 vom Dezember 2021 ein weiter Bericht, aber da ging es um eine Marke aus dem Jahr 2007, die erst kurz vorher in der Kiloware aufgetaucht war. Fast zur selben Zeit gab es erste Hinweise auf Fälschungen der 80 Cent Marke Kapuzinerkresse, weitere Recherchen folgten. Dabei stellte sich heraus, dass es sich hier um eine Folienblattfälschung handelt, aber auch noch vier weitere Fälschungsvarianten von dieser Marke existieren sollen, bei denen derzeit allerdings noch nicht klar ist, in welcher Form (Folienblatt oder Rolle) sie vertrieben wurden beziehungsweise werden und wie die genauen Unterscheidungsmerkmale sind. Im Frühjahr 2022 konnte der Autor dann bei seinen Recherchen und Testkäufen eine weitere Fälschung über Ebay ausfindig machen. Hierbei handelt es sich um die Marke 155 Cent Buschwindröschen als Folienblatt (FB). Von dieser Marke ist zusätzlich seit dem Herbst 2019 eine frühere Fälschung bekannt. Diese wurde aber als selbstklebende Rolle mit Nummern gefälscht. Im folgenden Artikel werden nun diese zwei Folienblattfälschungen genauer vorgestellt.
FB Kapuzinerkresse
Erste Hinweise zu der hier vorgestellten Variante kamen Mitte November 2021 von einem Frankaturwarehändler. Ein vorgelegtes Muster bestätigte diesen Verdacht. Die Fälschung weist einige markante Besonderheiten auf, an denen Sie leicht erkennbar ist. Ende 2021 erhielt der Autor eine weitere Meldung von einem anderen Briefmarkenhändler aus Nordrheinwestfalen. Dieser hatte günstig einen größeren Posten erworben, aber keine Prüfung mit einer UV-Lampe vorgenommen, sonst wäre ihm die Fälschung sofort aufgefallen. Ein Vergleichsstück hat der Autor aus dieser Transaktion leider nicht erhalten, er vermutet aber, das es sich um die selbe kurz vorher gemeldete Variante handeln könnte. Eine Anzeige wurde zwar bei der Polizei gestellt, da die Daten des Verkäufers aber falsch waren, dürfte sie in Leere laufen und der Händler auf seinen Schaden sitzenbleiben.
Laut einer weiteren Meldung eines anderen Frankaturwarehändlers aus Baden-Württemberg wurden ihm von dieser Marke aus der Berliner Ecke 30.000 Stück angeboten. Der Kauf kam nicht zustande, da der gelieferte Scan der Folienblätter eine wellenförmige Zähnung zeigte. Erstaunlich ist, das zwei weitere Briefmarkenhändler aber auf die selbe falsche Ware reingefallen sind. Einer hat bei einem Flohmarkbesuch in Nordrhein-Westfalen leichtsinnig zugeschlagen und diese dann über Ebay günstig weiter verkaufen wollen. Ein anderer Händler aus Norddeutschland hat ohne Prüfung einen Posten dieser Marken günstig erworben und einen Teil davon über Ebay angeboten. Dieses Angebot hat der Autor im Rahmen der regelmäßigen Beobachtung des Marktes rechtzeitig gesehen und aufgrund der Bildanalyse testweise erworben. Tatsächlich handelte es sich um die selbe Fälschung, die nun ausführlich vorgestellt wird.
Bereits mit einem geschulten Auge und einer Lupe kann man diese Fälschung leicht erkennen. Bei der Größe des Folienblatts gibt es nur minimale Unterschiede. Aber schon bei der Stanzung gibt es deutliche gut sichtbare Merkmale. Während bei einem echten Folienblatt die klassische Stanzperformation mit geraden Schnittkanten genutzt wird, wurde die Fälschung zwar mit den selben Maßen 10 x 10 ¼ aber als „Wellenstanzung“ mit abgerundeten Kanten ausgeführt.
Falls man eine UV-Lampe zur Hand hat, kann man die Fälschung auch sehr schnell erkennen. Während die Originalmarken unter UV-Licht 365 Nanometer mit einer kräftigen gelben, leicht nach grün neigenden Fluoreszenz reagieren, leuchtet die Fälschung bläulich, bedingt durch die optischen Aufheller im Papier.
Betrachten wir nun den Druck der Marken etwas genauer. Bezüglich der Rasterwinkel der Farben Gelb, Magenta, Cyan und Schwarz gibt es erstaunlicherweise keine Unterschiede. Die Papierdicke ist allerdings dünner, beim Original beträgt sie 0,174 Millimeter, während es bei der Fälschung nur 0,15 bis 0,162 Millimeter sind. Dies ist bei Folienblattfälschungen oft der Fall.
Sehr interessant ist die Betrachtung einiger ausgewählter Schriftelemente. Bei den bisher bekannt gewordenen Blumenfälschungen haben es die Fälscher fast nie geschafft, den jeweiligen Schriftzug des Blumennamens möglichst identisch nachzumachen. Grund ist hier die Ausführung der Originale. Diese besitzen eine extrem feine schwarze Umrandungslinie des jeweiligen Buchstabens. Diese Umrandung ist in der Regel bei den meisten bisher bekannten Blumenfälschungen nur angedeutet (bespielsweise 145 Cent Schwertlilie, 260 Cent Madonnenlilie oder 400 Cent Fuchsie). Deshalb wirken diese Fälschungen im Bereich des Blumennamens sehr unscharf. Bei der vorliegenden Fälschung ist dies erstmals deutlich anders. Hier wirkt der Schriftzug „Kapuzinerkresse“ sogar sauberer herausgearbeitet als beim vorliegenden Vergleichsstück einer echten Marke. Dort gab es zusätzlich noch eine leichte Passerverschiebung im hell wirkenden Schwarz. Die Buchstaben sind 1,36 Millimeter groß und berühren sich. Weiter hat das Markenbild einen rotbraunen Rand.
Bei der Fälschung dagegen wurde der Schriftzug „Kapuzinerkresse“ sehr sauber zur Farbe mit schmaler schwarzer Linie abgegrenzt. Die Buchstaben sind allerdings etwas kleiner mit nur 1,24 Millimeter und berühren sich nicht. Bei der Markenumrandung wurde allerdings keine entsprechende Sorgfalt angewandt, eine Umrandung existiert nicht.
Auch bei der Wertangabe und beim Schriftzug Deutschland gingen die Fälscher nicht besonders sorgfältig vor. Während bei allen echten Blumenmarken diese immer flächig ohne Rasterung gedruckt werden, wurden diese bei der Fälschung orange, zweifarbig (Gelb und Magenta) gerastert gedruckt. Die Rasterpunkte von Magenta haben Punktschluss, sodass der Eindruck von Rechtecken entsteht.
Betrachten wir abschließend noch einige ausgewählte Bildelemente. Dabei sind gerenell die entsprechenden Feinheiten beim Original in den Details deutlicher herausgearbeitet worden. Die Fälscher haben sich hier nicht so viel Mühe gegeben. Beispielsweise sind die Blätter im Original grün, mit deutlichen Strahlen. Im Dublikat haben die Blätter einen blauen Stich mit verwaschenen Strahlen. Die helleren Blattpartien wirken dadurch dunkler. Besonders deutlich wird dies bei der im Original sehr fein herausgearbeiteten Blüte mit feinen schwarzen Linien. Bei der Fälschung ist alles durch größere rote Rasterpunkte mit Punktschluss gröber dargestellt.
Ähnliches kann man bei den Blütenblättern feststellen, die durch kleinerere Rasterpunkte hellrot und das umgebende Laub grün dargestellt werden. Beim Dublikat wirken diese Blütenblätter durch größere rote Rasterpunkte mit Punktschluss dunkler. Das umgebende Laub hat einen Stich nach Blau.
Aber nicht nur bei den Marken selbst gibt es deutliche Fehler. Diese Fehler setzen sich auch beim Deckblatt fort. Ein erster einfacher Blick sollte hier immer zu der angedeuteten Ecke rechts unterhalb des Posthorns rechts oben gehen, speziell wie hier die Rasterung aussieht und welchen Winkel diese hat. Tatsächlich findet man hier schon die ersten Unterschiede. Während beim Original ein feineres Raster sichtbar wird, wurde bei der Fälschung ein grobes schwarzes Raster genutzt. Deutlichere Unterschiede bietet dabei aber gleichzeitig der gelbe Hintergrund. Während beim Original ein kräftiges gelb mit starker Lackierung sichtbar ist, wirken die Farben bei der Fälschung eher blass und es gibt auf der gelben Farbe ein deutlich sichtbares rotes Raster mit einer Neigung von 75 Grad.
Zwar ist die Marke bei der Fälschung selbst mit der richtigen Stanzung wie beim Original abgebildet, aber der Rahmen ist natürlich nicht vorhanden. In der Summe ist die Fälschung also doch sehr einfach erkennbar (Stanzung, UV-Licht, rote Rasterung auf der Deckelseite auf der gelben Fläche). Aufgrund der in verschiedenen Teilen Deutschlands angebotenen Teilmengen gehen die Autoren hier von einer Druckauflage von über 50.000 Fälschungen aus. Bei den anderen bisher nicht im Detail bekannten Fälschungen von der Marke Kapuzinerkresse könnte es sich demnach um teils kleinere oder kleine gefälschte Mengen handeln, hier werden aber noch vertrauliche sachdienliche Hinweise gesucht – bitte melden – danke.
FB Buschwindröschen
Bezüglich der Blumenmarke 155 Cent Buschwindröschen gibt es aus dem Jahr 2019 schon eine Fälschung als selbstklebende Rollenmarke mit Nummer, die gelegentlich noch gesondert vorgestellt werden soll. Im Frühjahr 2022 tauchte dann bei Ebay ein interessantes verdächtiges Angebot auf, bei dem es sich nach entsprechenden Testkäufen tatsächlich um eine Fälschung handelte, diesmal als Folienblatt. Diese Folienblätter wurden nach einer weiteren Meldung auch mal aus der Wiesbadener Ecke angeboten. Bei dem obigen Testkauf bei Ebay kam das Material aus der Berliner Gegend. Der Anbieter hatte hier in kurzer Zeit insgesamt über 2000 Marken verkauft. Dies fiel auch der Post auf, jedenfalls wollte der Verkäufer dann das Geschäft rückgängig machen. Eine Befragung als Journalist hat ergeben, das er das Material über Ebay-Kleinanzeigen günstig als Firmeninsolvenzposten angeboten bekommen hat. Da er nicht aus dem Briefmarkenbereich kam, hatte er keine Kenntnisse, das es hier auch Fälschungen geben kann. Aber wie schon im vorherigen Abschnitt zu lesen war, haben selbst Briefmarkenhändler oft scheinbar noch nichts von Fälschungen zum Schaden der Post gehört. Die bestellte Ware wurde sogar mit einer gefälschten Marke frankiert als Einschreiben verschickt. Die Post hat diese Fälschung aber nicht gefunden. Dies zeigt, das das Erkennen von Fälschungen durch die Post immer noch über gewisse Schwachpunkte verfügt und die eine oder andere Fälschung unerkannt normal befördert wird.
Betrachten wir nun die Fälschung genauer, sie ist mit einfachen Hilfsmitteln leicht erkennbar. Bezüglich des echten Folienblattes Buschwindröschens gibt es derzeit insgesamt vier verschiedene Varianten laut der Arge „Arbeitskreis Markenheftchen e.V.“ (akmh). Diese unterscheiden sich im Stegabstand von der oberen zur unteren gedruckten Reihe sowie teils unterschiedlicher Produktnummern. Am ähnlichsten zur Fälschung ist das Folienblatt FB 91 A I mit einem Stegabstand 13,5 bis 14 Millimeter, gedruckt von der Bundesdruckerei, das auch für weitere Vergleichszwecke verwendet wurde. Bei der Fälschung beträgt dieser Stegabstand 15 Millimeter. Zwar weist das gefälschte Folienbaltt um einen Millimeter in der Breite ab, aber dies ist laut der Arge akmh kein eindeutiges Kriterium, weil es auch bei echten FB solche Toleranzen gibt. Bei der Stanzung (Perforation) haben die Fälscher aber keine Fehler gemacht, die Daten sind hier fast identisch 10 x 10 ¼ (echt) und falsch 10 x 10 ¾ (falsch). Bezüglich der Rasterwinkel beim Einsatz der Druckfarben gibt es zumindest bei der gelben Farbe leichte Unterschiede 0 Grad (echt) zu 35 Grad (falsch). Die restlichen Farben sind identisch: Magenta 45 Grad, Cyan 75 Grad, Schwarz 15 Grad. Interessant ist der Vergleich der Papierdicke, statt oft nur dünneres Papier zu nehmen, haben die Fälscher hier zu leicht dickeren Papier gegriffen (0,174 Millimeter echt, 0,215 Millimeter falsch).
Betrachten wir nun wieder zuerst einige ausgewählte Schriftelemente, die in der Regel am ehesten bei Blumenmarken zu Unterschieden führen. Im Gegensatz zur vorherigen Fälschung haben die Fälscher bei der Umrandung des Blumennamens und des ganzen Motivs ohne große Sorgfalt gearbeitet.
Über dem Schriftzug „Buschwindröschen kann man bei den echten Marken einen deutlichen grünen Rahmen erkennen, der bei der Fälschung fehlt. Wie weiter oben schon erwähnt, ist bei den echten Marken die Schrift mit einen schwarzen Rahmen klar von den Blattfarben abgegrenzt. Die Buchstaben berühren sich wieder. Bei der Fälschung wurde im Gegensatz zur Fälschung beim FB Kapuzinierkresse kein schwarzer Rahmen verwendet. Durch zusätzliche Rasterungenauigkeiten von Gelb und Cyan wirkt der Schriftzug sehr verwaschen und unscharf.
Interessant ist wieder die Betrachtung der Wertziffer und des Landesnamens. Zwar sind die Buchstaben und Zahlen nahezu identisch ohne Rasterung gedruckt, aber besonders auffallend ist hier bei der Fälschung eine beim Original nicht vorhandene gelbe Rasterung der weißen Fläche auch außerhalb des Markenbildes, die leicht mit einer Lupe erkennbar ist.
Betrachten wir als nächsten Aspekt einige ausgewählte Bildelemente genauer. Während beim Original eine detailliert herausgerarbeitete Blüte sichtbar ist, sieht man bei der Fälschung ein ziemlich verwaschenens Bild.
Das Dublikat wirkt unscharf und blass. Dies liegt an dem Abstand der Rasterwinkel von Gelb und Magenta, der zu klein ist, daher bilden sich kleine „Rosetten“. Da nicht nur außerhalb im weißen Bereich ein gelbes Raster vorhanden ist, sondern auf der ganzen Fläche der Marke, sorgt dies im Bild für Unruhe. Im Original sind die weißen Blüttenblätter stellenweise völlig ohne Farbe, dort gibt es auch keine IR-Fluoreszenz. Dies deutet darauf hin, das sich hier die „Seltenen Erden“ (das zweite Sicherheitselement) in der gelben Farbe befinden. Aber so gründlich muss man hier gar nicht schauen, denn eine einfache Überprüfung mit einer UV-Lampe mit 365 Nanometer entlarft die Fälschung sehr schnell und sicher.
Während das Original eine kräftige gelbliche Fluoreszenz zeigt, sieht man bei der Fälschung nur ein deutliches bläuliches Leuchten, eine Reaktion auf die optischen Aufheller im Papier.
Sollte man nicht nur eine Marke selbst gefunden haben, sondern ein gefälschtes Folienblatt vermuten, so kann man dies natürlich auch auf der Deckelseite anhand weiterer Fehler leicht feststellen. Das echte Folienblatt ist kräftig gelb mit deutlicher Lackierung, während die Fälschung eine rote Rasterung auf dem (helleren) Gelb zeigt. Das Posthorn unten rechts ist kleiner und etwas „zusammengedrückt“.
Zwar ist die schwarze Rasterung bei der angedeuteten Ecke links oben mit 15 Grad gerastert, aber die Größe der Rasterpunkte ist bei der Fälschung größer. Dies führt zu einer entsprechenden optischen Wirkung. Weiter gibt es bei der roten Schrift deutliche Unterschiede, beim echten Folienblatt gibt es zwar eine schwarze 15 Grad Rasterung, aber wie schon erwähnt bei der Fälschung mit deutlich größeren Rasterpunkten. Die Fälschung ist also sehr einfach mit einer UV-Lampe erkennbar oder mittels einer Lupe anhand der gelben Rasterung im Bereich der weißen Umrandung.
Resümee
Erstaunlich ist immer noch, das selbst viele Briefmarkenhändler nicht zu wissen scheinen, das es doch Fälschungen gültiger Eurobriefmarken in größeren Umfang gibt und wie man diese oft doch mit einfachen Mitteln (UV-Lampe und gute Lupe) erkennen kann. Wenn hier Frankaturware zu extrem günstigen Preisen angeboten wird, sollte man diese Ware prüfen, bevor man einen Kauf tätigt. Wer sich hier aber nicht sicher ist, kann sich jederzeit gerne an die Autoren zwecks Klärung echt oder falsch wenden. Alle Anfragen werden streng vertraulich behandelt. Bezüglich der anderen Fälschungsvarianten der Kapuzinerkresse bitten die Autoren um Hinweise und leihweise Vorlagen dieser Varianten. Alle Hinweise und Anfragen werden selbstverständlich nach dem deutschen Presserecht streng vertraulich behandelt, Sie können sich hier also gerne bei uns melden – danke.