Falsche Kapuzinerkresse aus China
Coautor - Bernd Hanke
(erscheint in philatelie 551 - Mai 2023)
In der Ausgabe 541 der philatelie vom Juli 2022 hatten die Autoren über eine Fälschung des Folienblatts 80 Cent Kapuzinerkresse berichtet. In der Ausgabe 548 der philatelie vom Februar 2023 wurde erstmals über eine chinesische Fälscherwerkstatt berichtet, die unter anderem zwei nassklebende Rollenmarken (100 Cent Alpenveilchen und 155 Cent Buschwindröschen) mit Verpackung gefälscht hatten. Diese waren aber, wie in der jüngsten Ausgabe der philatelie zu lesen war, international mit Fälschungen tätig (beispielsweise mit englischen Marken mit Matrixcode). Was deutsche Marken angeht kann dieser Quelle nach weiteren Recherchen nun eine weitere Fälschung zugeordnet werden.
Es handelt sich hier um das anfangs erwähnte Folienblatt 80 Cent Kapuzinerkresse, das sich aber deutlich von der in Ausgabe 541 vorgestellten Fälschung unterscheidet. Die erstgenannte Fälschung dürfte also mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus einer anderen Quelle stammen. Im folgenden Artikel wird nun die chinesische FB-Fälschung Kapuzinerkresse vorgestellt.
Ob es sich dabei um die sechste Fälschungsvariante der Kapuzinerkresse handelt, ist mangels Vergleichsstücken aber immer noch nicht geklärt. Vor dem Resümee kommt allerdings noch ein kleiner Nachtrag zur neuesten Entwicklung bezüglich des Vertriebs und korrigierter gefälschter Verpackung der zwei nassklebenden Rollenmarken aus China.
Das Folienblatt Kapuzinerkresse aus China
Im Rahmen der Nachforschungen nach möglichst allen derzeit gefälschten Marken aus der chinesischen Quelle wurde im Laufe des Mailverkehrs plötzlich auch ein Folienblatt Kapuzinerkresse erwähnt. Da bezüglich der gefälschten nassklebenden Rollenmarken mit UV-Beschichtung gearbeitet wurde, lag der Verdacht nahe, dass die erwähnte Folienblattfälschung auch in ähnlicher Form nachgedruckt wurden. Es würde sich dann im Gegensatz zu der in Juli 2022 hier vorgestellten Fälschung (kein UV, nur bläulich leuchtend) um eine andere Fälschungsvariante handeln.
Der Testkauf dieser Ware war erfolgreich, das Folienblatt weist eine UV-Lackierung auf. Da die Qualität der Fälschung eher mittelmäßig ist, gibt es einige deutliche Unterschiede zu einem echten Folienblatt.
Zwar ist sowohl das Original als auch die Fälschung mit Gelb 0 Grad, Magenta 15 Grad und Cyan 75 Grad gerastert, bei der schwarzen Farbe gibt es aber deutliche Unterschiede. Beim Original beträgt hier der Rasterwinkel 45 Grad. Bei der Fälschung existiert möglicherweise keine schwarze Farbe auf der Markenseite. Entweder sind die wenigen Bereiche stochastisch gerastert, was neu wäre, oder der schwarze Farbeindruck ergibt sich aus der Mischung Gelb – Cyan – Magenta. Auf der Deckblattseite der Fälschung ist allerdings ein scharzes Raster mit -45 Grad sichtbar.
Dass führt gleich zum ersten wichtigen Erkennungsmerkmal einer möglichen Fälschung, dem Namen der abgebildeten Blume. Bei allen Originalen existiert hier eine dünne schwarze Linie, die das Motiv vom Schriftzug sauber trennt. Bei vielen Blumenfälschungen wird dies eher nur durch eine Farbmischung angedeutet und sehr selten sauber heraus gearbeitet. Beim vorgestellten Folienblatt gibt es nun erstmals überhaupt keine Abgrenzung, allerdings ist die Schrift sauber ohne Umrandung zum Bild herausgerarbeitet worden.
Dies ist insofern erstaunlich, da bei der Fälschung aus gleicher Quelle bei den nassklebenden Blumenmarken mit einer solchen dünnen Linie gearbeitet wurde. Noch überraschender ist dabei die Feststellung, dass auf der Deckelseite an gleicher Stelle eine schwarze Linie vorhanden ist. Die eingesetzte Sorgfalt zur Herstellung dieser Fälschung ist bei diesen Details nachweisbar mangelhaft.
Ein weiteres sehr einfach zu prüfendes Bildelement sind die Wertangabe und der Schriftzug Deutschland. Diese werden immer flächig gedruckt, teils sogar mit einer Sonderfarbe. Bei der chinesischen Fälschung wurde beides zweifarbig gerastert (sogar mit Passerverschiebung) gedruckt.
Üblicherweise wird diese Farbe auch für den immer vorhandenen Rahmen um das Blumenmotiv genutzt. Dies ist aber nicht der Fall, man hat genauso wie bei den gefälschten nassklebenden Rollenmarken auf einen Rahmen um das Blumenmotiv verzichtet oder dieses Detail übersehen.
Die fehlende schwarze Farbe führt bei der Blüte zu einer erheblichen Unschärfe bei der Fälschung. Während beim Original deutlich die Details erkennbar sind, ist bei der Fälschung eher ein gelber Fleck als eine tatsächliche Blüte erkennbar. Dies zeigt ein weiterer Bildausschnitt von einem Blütenblatt. Hier kann man gleichzeitig auch gut auf der linken Seite erkennen, dass der Rahmen um das Motiv bei der chinesischen Fälschung nicht vorhanden ist. Weiter ist das Blütenblatt unscharf.
Betrachten wir nun die Stanzung der Marken etwas genauer. Hier hatten die Fälscher bei der beim letzten Mal vorgestellten Folienblattfälschung mangelhaft gearbeitet, da sie eine wellenförmige Stanzung eingesetzt hatten.
Die chinesischen Fälscher haben hier sorgfältig alles identisch nachgemacht. Die Perforation, die beim echten Folienblatt 10 x 10 ¼ beträgt, ist mit 10 x 10 bei der chinesischen Fälschung nahezu identisch.
Ein Vergleich einer Originalmarke zu einer Fälschung zeigt unter UV-Licht mit 365 Nanometer keine großen Unterschiede. Die UV-Substanz wurde mittels einer starken Lackierung aufgetragen. Bezüglich des zweiten Sicherheitselements, den Seltenen Erden haben sich die Fälscher nicht angestrengt. Dies ist bei der Fälschung an den entsprechenden Stellen nicht vorhanden.
Weiter kann man beim Vergleich der Marken unter UV-Licht erkennen, das die Fälschung heller wirkt. Dies ist auch bei normalen Licht gut zu sehen. Während die erste Fälschung bezüglich der Papierdicke dünner als das Original ist, ist die neue Fälschung aus China etwas dicker.
Auch auf dem Deckblatt selbst lassen sich einige interessante deutliche Unterschiede feststellen. Speziell beim Winkel rechts oben unter dem Posthorn. Hier weicht in der Regel die Rasterung immer vom Original ab.
Während der Hintergrund beim echten Folienblatt gelb ist, über den ein ein schwarzes Raster im Winkel von 45 Grad gedruckt wurde, haben die chinesischen Fälscher die gelbe Farbe ausgespart und diese Aussparung leicht mit Rasterfarben Gelb, Cyan und Magenta aufgefüllt, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen. Interessant ist weiter, dass die Fälscher bei der Abbildung der Marke im Gegensatz beim Blumennamen eine schwarze Umrandung angedeutet haben. Diese Fälschungen sind nach bisherigen Beobachtungen noch nicht groß in Deutschland gesichtet worden, vielleicht steht der Vertrieb erst noch bevor.
Nachtrag Rollenmarkenfälschungen (Gefälschte Rollenmarken mit EAN-Code)
Bezüglich des Vertriebs der im Februar 2023 vorgestellten Rollenmarkenfälschungen Alpenveilchen und Buschwindröschen sind die chinesischen Fälscher nun direkt bei Ebay Deutschland tätig geworden. Nach dem Motto „Mühle auf, Mühle zu“ wurden hier von Händlern aus China mit 3 bis 6 Bewertungspunkten diese Rollen einzeln in einer Versteigerung mit unsichtbarer Bieterliste angeboten. Allerdings haben auch alle unterlegenen Bieter danach ein Kaufangebot erhalten. Kaum war ein solcher Verkauf abgeschlossen, war das Angebot verschwunden und der nächste chinesische Händler tauchte auf.
Nach Abwicklung der Verkäufe hatten sich die chinesischen Händler wieder bei Ebay abgemeldet. Der eine oder andere Käufer versuchte die Marken dann auch zeitweilig über Ebay Kleinanzeigen mit Gewinn zu verkaufen.
Pech hatten aber einzelne Käufer, da bei der Zolldeklaration teilweise der volle Kaufpreis angegeben wurde. Bei der Einfuhr aus China in Deutschland wurde dafür aber von der Deutschen Post zusätzlich die entsprechende Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent erhoben. Nur bezüglich der Ware selbst wurden hier falsche Angaben gemacht.
Im Zusammenhang mit diesen Analysen wurde festgestellt, dass bei der Verpackung der Buschwindröschen der Anfangsfehler korrigiert wurde, sodass hier nachweisbar nun eine zweite gefälschte Verpackungsvariante existiert. Das Verpackungsdatum und die Uhrzeit wurden aber wieder exakt übernommen.
Resümee
Während die Vertriebswege der Fälschungen aus China für den amerikanischen und englischen Markt schon sehr eingespielt sind und nach ersten Analysen scheinbar sehr gut funktionieren, scheint bezüglich des Vertriebs der deutschen Fälschungen noch keine richtige Strategie vorzuliegen.
Hier ist man derzeit wohl noch am Experimentieren, wie man die herstellten Fälschungen auch im großen Stil verkaufen könnte. Wenn Sie also durch Zufall die obige Fälschung finden, würden die Autoren interessieren, wo und wie diese aufgetaucht sind. Diese Informationen werden selbstverständlich streng vertraulich nach dem deutschen Presserecht behandelt.
Ausblick
Von schwedischen und kanadischen Fälschungen liegen schon die ersten Marken vor, sobald hier entsprechendes echtes Vergleichsmaterial vorhanden ist, werden wir diese auch hier vorstellen. Ähnlich verhält es sich mit dem besonders reichhaltigen Fälschungsangebot von amerikanischen Marken. Hier sollen allerdings demnächst nur an einigen ausgewählten Beispielen die derzeitigen Sicherheitsmerkmale der amerikanischen Post und wie diese mehr oder weniger gut nachgemacht werden, vorgestellt werden.
Abschließend ist ein Vergleich dieser Länder bezüglich ihrer Sicherheitsmerkmale und deren Effektivität geplant. Zum einen sind wir darüber mit der Bundesarbeitsgemeinschaft USA / Canada und der Forschungsgemeinschaft Nordische Staaten e.V. im Austausch, zum anderen würden wir uns gerne auch mit anderen Spezialisten zu diesen Thema austauschen wollen. Sollten Sie sich mit diesen modernen Fälschungen von den obigen genannten Ländern beschäftigen, bitten wir um Kontaktaufnahme.