Frankierservice löst Postfreistempelung ab
(erschienen im Briefmarkenspiegel 06/1999)
Seit Ende 1920 gab es die Möglichkeit der Postfreistempelung. Am 1. Januar 1999 hat die Post diese Dienstleistung durch den Frankierservice ersetzt. Die Änderungen sind teilweise gravierend - und für den gegenwartsinteressierten Sammler spannend.
Die markenlose Beförderung von Massensendungen wurde bereits 1894 in Württemberg eingeführt. Bayern folgte 1910. Die Entwertung erfolgte durch Hand- oder Maschinenstempel (Band- oder Langstempel). Erst im November 1919 erprobte die Reichspost versuchsweise Fahnen- und Halbstempel für die Postfreistempelung (PFS). Ende 1920 war dieser Service offiziell im Angebot. Die Abdruck waren anfangs in schwarzer Farbe, erst ab Ende Juli 1921 wurde nach internationalen Vereinbarungen rot eingeführt.
Stempel
Schon die ersten Stempel bestanden aus einem Stempelkopf und rechts daneben einem Wertfeld. 1922 wurde das feste Wertklischee mit der Landesangabe ergänzt. Eine harte Bewährungsprobe war die Inflation. In immer kürzeren Abständen mußten die Wertangaben angepaßt werden. Vor allem in den dreißiger und vierziger Jahren gab es Postfreistempel mit zusätzlicher Werbung. Vereinzelt tauchten solche Stempel sogar noch bis in die fünfziger Jahre auf.
Nicht nur der Wertrahmen änderte sich im Laufe der Jahre, auch die Landesbezeichnung wechselte: Deutsches Reich, Deutsche Post, Deutsche Bundespost, Saarland, Berlin, Deutsche Post (DDR), Deutsche Post AG. Im Rahmen dieser Umstellung mußte einiges aptiert werden, besonders nach dem Zweiten Weltkrieg.
Natürlich wechselten auch die Formen der Stempelköpfe je nach aktueller Vorschrift ihr Aussehen. Die Einführung der Postgebietsleitzahlen führte zu vielfältigen Änderungen. Je größer der Ort, desto vielfältiger sind die vorhandenen Varianten.
Die letzten Jahre
Mit der Gebührenänderung zum 1. April 1993 durften nur noch vollbezahlte Sendungen eingeliefert werden. Weitere Bedingungen wie gleicher Inhalt, Mindestmenge 100 Stück, zusätzliches Entgelt in Höhe von zehn Mark führten dazu, daß die Postfreistempelung zur exotischen Versendungsform wurde. Denn gleichzeitig gab es die Möglichkeit, Infobriefe zu wesenltich günstigeren Koniditionen einzuliefern (Mindestmenge nur 50 Stück, im Preis günstiger, kein zusätzliches Bearbeitungsentgelt).
Gelegentlich gab es Ausnahmen für nicht vollbezahlte Sendungen. Der Grund war Arbeitsvereinfachung. Unter bestimmten Randbedingungen war es möglich, Postfreistempelung ins Ausland aufzuliefern. Oft handelt es sich hier aber um Sonderverträge mit einigen großen Firmen mit Spezialklischees. Belege dieser Art dürften moderne Raritäten sein.
Auch die Belege aus der Zeit mit fünfstelliger Postleitzahl zählen zu den moderneren Seltenheiten. Die Einführung der Briefzentren und die damit verbundene Zentralisierung führten zum weiteren Aussterben dieser Belege. Es kommt daher teilweise zu sehr kurzfristigen Einsätzen von Postfreistempeln, teils sogar mit aptierten Klischees.
Zur selben Zeit änderte sich der Name von Deutsche Bundespost in Deutsche Post AG. Vereinzelt werden daher teilaptierte Klischees als Maschinenstempel umgerüstet. Die Stempelung erfolgt in schwarz. Der Einsatz ist teils nur wenige Tage (Bonn) oder auch einige Wochen (Wismar) zu finden.
Vorläufer Frankierservice
Im Laufe des Jahres 1996 begann im Briefzentrum 56 (Koblenz) ein befristeter Versuch. Es wurde ein neuer Stempelkopf eingeführt, der statt der Postleitzahl "Entgelt bezahlt" enthielt. Man konnte nun auch Infopost und Infobriefe als Postfreistempelung aufliefern. Dazu mußten aber zwei Einlieferungsbescheinigungen ausgefüllt werden, einmal für den Infobrief und einmal für die Postfreistempelung, um die zehn Mark zu verbuchen. Kurzfristig war es sogar möglich, diesen Stempel als Absenderstempel zu benutzen.
Im Spätsommer 1998 wurde der Versuch auf das Briefzentrum 66 (Saarbrücken) ausgeweitet. Hier wurde ein interessantes neues Wertklischee eingesetzt, das dem Frankierservice schon viel näher kommt. Belege aus dieser Zeit sind selten. Zur Erforschung bitten wir um Meldungen der Früh- und Spätdaten dieser Versuchsstempel.
Änderungen
Der Frankierservice zeichnet sich durch zwei gravierende Änderungen aus. Die deutlichste ist die Änderung der Farbe in schwarz. Die zweite ist die Änderung des Wertklischees. Bei vollbezahlten Sendungen fehlt in der untersten Zeile "Entgelt bezahlt". Existiert diese Zeile, handelt es sich um Infopost oder Infobrief.
Außerdem ist es nun möglich, Postkarten und Infocards zu stempeln. International kan man Standard- und Kompaktbriefe, Postkarten, Infopost und Infobriefe per Land oder Luft weltweit versenden (BMS 4/99 Seite 44). Da keine Währungsangabe vorhanden ist, ist dieses Klischee natürlich auch im Eurozeitalter ohne Änderungen einsetzbar.
Durch Benutzung der schwarzen Farbe können alle im Briefzentrum vorhandenen Maschinen ohne große Umrüstung flexibel eingesetzt werden. Dazu gehören die großen AEG-Aufstell- und Stempelmaschinen mit über 30 000 Belegen je Stunde und die noch vereinzelt vorhandenen Klüssendorf- und Naglermaschinen. Erkennbar sind diese Details an den Unterscheidungsbuchstaben.
Umstellung
Ursprünglich sollte der bundesweite Pilotversuch "Frankierservice" schon am 1. Oktober 1998 beginnen Jedenfalls lagen zu diesem Zeitpunkt schon bei fast allen Briefzentren entsprechende neue Klischees vor. Bedingt durch eine Verschiebung auf den 1. Januar 1999 kam es zu einer interessanten Übergangsphase.
Zum einen wurden versehentlich Frankierserviceklischees in rot als Postfreistempelung abgeschlagen (Kopien gesucht), zum anderen wurde das Klischee irrtümlich als Werbeklischee zur Abstempelung von Marken benutzt (BZ 83 und BZ 94 - weitere Varianten bitte melden). Außerdem wurden Klischees schon vor dem 1. Januar 1999 zu Testzwecken eingesetzt (BZ 55, BZ 56, BZ 66).
Die späte Unterrichtung der Briefträger, keine Nachentgelte zu erheben, führte zu einigen Startproblemen. Vereinzelt wurde irrtümlich abkassiert. Kurzfristig soll daher wieder die rote Farbe benutzt worden sein. Ins Ausland wird es keine Probleme geben, da nur im Falle eines kompletten Taxvermerkes Nachgebühren erhoben werden können. Belege werden wieder häufiger zu finden sein, da es nun vielfältige Versendungsmöglichkeiten gibt.
Literatur-Info
Postfreistempelung ist also ein interessantes und abwechslungsreiches Sammelgebiet. Weiterführende Informationen kann man bei der Poststempelgilde und der Forschungsgemeinschaft Post- und Absenderfreistempel erhalten. Zur Zeit wird gerade ein neues Handbuch gedruckt, daß sich mit der Erfassung aller Postfreistempel bis zum 30 Juni 1993 beschäftigt. Eine etwas ältere Literaturquelle sind "Handbuch und Katalog der Deutschen Post- und Absenderfreistempel" von Heiner Dürst und Gerd Eich.