Tintenstrahl-Handrucker ersetzen Handrollstempel
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 448 - Oktober 2014)
Nachträgliche Ergänzung: Hier wird zukünftig bei der weiteren Entwicklung auch die bisherige und zukünftige Geschichte der Tintenstrahlentwertung in Deutschland chronologisch erfasst werden - der bisherige Teil ist ja im ersten Absatz enthalten, die zukünftige Entwicklung wird dann am Ende weiter ergänzt werden, sobald sich hier was tut.
Während in anderen Ländern die Entwertung von Briefmarken mittels Tintenstrahldrucks schon viel früher begonnen hatte, war die Entwicklung bei der Deutschen Post AG viel langsamer. Nach ersten kurzen Versuchen mit der automatischen Entwertung von Großbriefen im Frühjahr 2003 im Briefzentrum (BZ) 50 (vgl. philatelie 311, Mai 2003) war erst einmal längere Zeit Pause. Im Herbst 2007 nahm die Entwicklung mit der Pilotierung der neuen Großbriefsortieranlagen und entsprechender Tintenstrahlstempelmodule (vgl. philatelie 394, Juli 2010) erneut Fahrt auf. Im Herbst 2013 wurden dann im Briefzentrum 51 neue Tintenstrahl-Handdrucker erfolgreich getestet. Der erweiterte Versuch in den Briefzentren 45 und 64 dient der Vorbereitung auf einen bundesweiten Einsatz. Es bietet sich daher an, diese neuen Geräte und zukünftige Stempelformen ausführlich vorzustellen. Zuvor erfolgt ein kurzer geschichtlicher Überblick über die bisherige Entwicklung der Tintenstrahlentwertung in Deutschland.
Bisherige Entwicklung in Deutschland
Vom Februar 2003 bis Juli 2003 wurde im BZ 50 versuchsweise eine vollautomatisierte Briefordnerei getestet. Außer dem Versuch der vollautomatisierten Trennung der Briefe aus der Briefkastenleerung nach Formaten sollten die Großbriefe erstmals anschließend auch vollautomatisch mittels Tintenstrahldrucks entwertet werden. Belege aus dieser Zeit sind extrem selten.
Zum Jahresende 2003 wurde zeitweilig auch eine Absenderfreistempelmaschine auf Tintendruckbasis umgerüstet und im BZ 46 versuchsweise für die Entwertung von Großbriefen getestet. Die Maschine wurde dabei mit schwarzer Tinte betrieben.
Zwei Jahre (2005) später wurde im Rahmen einer Lehrlingsausbildung ein vollautomatisches Stempelmodul für die Post für den Bereich der Großbriefentwertung entwickelt, daß vereinzelt und versuchsweise Post mit Briefzentrum 40 mittels Tintenstrahl entwertet hat. Die Abdrucke sehen hier genauso wie die vom BZ 50 aus.
Die nächsten Versuche der Tintenstrahlentwertung erfolgten ab Ende Oktober 2007 im Rahmen des Tests von zwei verschiedenen Großbriefsortieranlagen (GSA Neu) im BZ 80 ( Firma Siemens) und im BZ 90 (Firma Solistic). Im Laufe der Versuche erfolgte dabei auch einmal eine kurzfristige Änderung des Layouts des Stempelbildes.
Seit Frühjahr 2010 wurden dann schrittweise in fast allen Briefzentren die neuen Großbriefsortieranlagen von der Firma Siemens installiert. Diese hatten in einem der zwei oder vier Zuführungen ein Stempelmodul integriert, daß Großbriefe mittels Tintenstrahlentwertung freimachen sollte. Während die Installationsphase noch nicht abgeschlossen war, wurde entschieden, daß Stempellayout auf die heute bekannte Frankierwelle umzustellen.
Einzige Ausnahme ist das BZ 90, wo neben der Versuchsanlage der Firma Solistic auch eine GSA Neu von Siemens steht. Dabei gab es bei einigen Briefzentren sehr kurzfristige Übergangsstempelvarianten.
Fast zur selben Zeit (Ende 2010) begann im Bereich der Vorausentwertung von Infopostsendungen ein Pilotversuch mit dokumentenechter Tintenstrahlentwertung, statt klassischer Vorausentwertemaschinen (vgl. philatelie 405, März 2011). Dieser Versuch wurde Anfang 2014 erfolgreich beendet und ist nun Stand der Technik (vgl. philatelie 441, März 2014).
Kurz vorher begann im Herbst 2013 der nun im folgenden ausführlich vorgestellte neue Pilotversuch mit dem Schwerpunkt im Bereich des Frankierservice, aber auch vereinzelt im Bereich der Briefordnerei für die Entwertung von Großbriefen.
Bezüglich des Frankierservice gab es allerdings schon seit 2002 oder sogar früher im Bereich der Deutschen Post AG umgerüstete Absenderfreistempelmaschinen auf Tintendruckbasis, die vereinzelt im Rahmen der Vorausentwertung im Auftrag des Kunden auch zur Entwertung von Briefmarken benutzt wurden wie beispielsweise im Briefzentrum 70.
Vorgeschichte der neuen Tintenstrahl-Handdrucker (THD)
Mitte 1999 wurden im Bereich des Frankierservice für nicht maschinenfähige Sendungen jeweils zwei Handrollstempel der Firma Raab GmbH (Oberursel) in den Briefzentren 20, 37, 40, 60 und 73 getestet.
Der Versuch war erfolgreich und gegen Ende des Jahres wurden alle anderen Briefzentren auch mit entsprechenden Handrollstempeln ausgestattet, allerdings von der Firma Reiner GmbH (Furtwangen).
Diese Stempel sind nach starker Benutzung in den letzten 14 Jahren nun am Ende ihrer Verwendungsdauer angelangt. Außerdem haben diese Stempel zwei größere Nachteile. Zum einen ist es nicht so einfach das jeweilige Datum einzustellen. Man benötigt dazu in der Praxis drei Hände, zum anderen muß beim Abrollen ein gewisser Druck auf die jeweilige Sendung ausgeübt werden. Da es sich hier aber aufgrund des fortschreitenden Internethandels immer öfters um nicht maschinenfähige und nicht gleichmäßig dicke Sendungen handelt, besteht immer die Gefahr, den Inhalt zu beschädigen. Aus diesem Grunde sollte das zukünftige Stempelverfahren zerstörungsfrei sein. Dies liefern heutige neue Tintenstrahlhanddrucksysteme, die es schon seit einigen Jahren in unterschiedlichen Bereichen gibt. Beispielsweise werden Hühnereier zerstörungsfrei mittels Tintenstrahldrucksystemen gekennzeichnet. Auch im Bereich der Postkonsolidierung findet man öfters bei nicht maschinenfähigen Sendungen K-Nummern und oder Zählnummern, die nicht mittels Handstempels sondern mittels eines Tintenstrahldrucksystems, vermutlich in Handform. aufgebracht wurden. Dies ist an den mehr oder weniger verzogenen Aufdrucken erkennbar.
Die neuen Tintenstrahl-Handdrucker
Aufgrund dieser Vorgeschichte wurden im September 2013 im Briefzentrum 51 (Köln Ost) erstmals zwei ähnliche Systeme von der Firma Reiner GmbH speziell im Bereich Frankierservice für nicht maschinenfähige Sendungen getestet. Es handelte sich dabei um das Modell „speed-i.Marker 940“ und das Modell „jetStamp 790 MP“. Während das erste vom Nutzer geführt werden mußte, konnte das zweite einfach auf die Sendung gestellt werden und der Druckkopf bewegte sich hier nach Knopfdruck automatisch.
Der Abdruck soll bei beiden Geräten während der Versuchszeit vom September 2013 bis Dezember 2013 prinzipell gleich gewesen sein. Allerdings dürfte das erste Modell bedingt durch die manuelle Führung nicht immer zu sauberen waagrechten Abdrucken geführt haben. Getestet wurden die beiden Geräte schwerpunktmäßig für den Frankierservice, aber alternativ wurde vereinzelt auch die Eignung für die Briefordnerei als Ersatz für die normalen Handrollstempel überprüft. Die Ergebnisse waren sehr positiv.
Daher wurde im Januar 2014 der Versuch auf die Briefzentren 45 (Essen) und 64 (Darmstadt) erweitert. Gleichzeitig wurde im BZ 51 das Versuchsgerät „speed-i.Marker 940“ durch das Modell „jetStamp 790 MP“ ersetzt. In diesem erweiterten Versuch werden die Tintenstrahl-Handdrucker weiter schwerpunktmäßig im Frankierservicebereich getestet.
Außerdem laufen Überlegungen, diese Stempel in allen Briefzentren einzuführen. Sobald die Kostenfrage für die bundesweite Einführung geklärt sein dürfte, werden diese Tintenstrahl-Handdrucker (THD) in jedem Briefzentrum zu finden sein. Ob dies schon im Jahr 2014 klappt oder sich doch noch bis ins Jahr 2015 hinzieht, muss abgewartet werden.
Die neuen Stempelabdrucke
Es gibt derzeit insgesamt drei mögliche Grundeinstellungen für die Variante Infopost Frankierservice, den normalen Frankierservice und die Stempelung von Briefmarken. Das Stempelbild ist bis auf den Mittelteil gleich aufgebaut, links befindet sich das Posthorn und rechts befindet sich die Frankierwelle. In der Mitte befindet sich ein unterschiedlicher zweizeiliger Text, je nach Hauptvariante. Die Stempel verfügen auf der linken Seite unten über ein kleines Stellrädchen. In der Nullstellung ist das Gerät im Ruhemodus.
In der Stellung 1 kann es für Infopostsendungen Frankerservice benutzt werden. Hier wird aufgrund der neuen Vorgaben beim Frankierservice keine Kennzeichnung des stempelnden Briefzentrums vorgenommen. Der zweizeilige Text besteht daher in der ersten Zeile nur aus „Infopost“ und in der zweiten Zeile aus „Frankierservice“. Diese Stempelung ist sowohl für die Infopostsendung ohne Briefmarken als auch für die selten benutzte Variante mit Briefmarken zulässig. Bei der Option mit Briefmarken ist der Frankierserviceabdruck eine Vorausentwertung im Auftrag des Kunden, der keine Absenderstempelmaschine hat.
Die zweite Haupteinstellung ist für vollbezahlte Frankierservicesendungen (aber auch Büchersendungen-Sendungen National) vorgesehen. Nach dem Posthorn befindet sich wieder eine zweizeilige Textzeile. In der oberen Zeile gibt die erste Zahl das jeweilige Briefzentrum an, es folgt das Datum ein Bindestrich und die Zahl 77 (vermutlich eine fiktive Prüfziffer). Die unterschiedlichen Tintenstrahl-Handdrucker im selben Briefzentrum haben dabei bisher die selbe Prüfziffer, sind also nicht unterscheidbar. In der zweiten Zeile steht der Produktname „Frankierservice“.
Die dritte Haupteinstellung betrifft die normale Abstempelung in der Briefordnerei, die aber eher nur am Rande mitgetestet wird. Der Hauptunterschied liegt in der zweizeiligen Textzeile, zuerst sieht man entweder ein kleines „ta“ oder „tb“ , es handelt sich also um Unterscheidungsbuchstaben. Es folgt das Datum ein Bindestrich und eine zweistellige Zahl (die Uhrzeitangabe). In der zweiten Zeile steht die Ortsangabe, beispielsweise Briefzentrum 45. Hier kann man also eindeutig den jeweiligen Stempel zuordnen. Dies ist auch von allen drei bisherigen Briefzentren belegbar.
Resümee
Belege aus der Versuchszeit sind bisher selten zu finden. Dies dürfte daran liegen, dass es sich ja bei den gestempelten Belegen fast nur um nicht maschinenfähige größere teils dickere unförmige Belege handelt. Diese werden aber selten von Sammlern aufgehoben. Das kleiner formatige Sendungen versuchsweise mit diesen Stempeln versehen werden, ist eher Zufall. Echt gelaufene Bedarfspost ist daher nicht so einfach zu finden. Die Arbeitsgemeinschaft Briefpostautomation versucht derzeit schrittweise alle möglichen Varianten für ihre Mitglieder im Rahmen des Rundbriefversandes zu belegen. Der Rundbrief 02 – 2014 wurde beispielsweise mit Briefmarken als Büchersendung frei gemacht und mittels eines Hand-Tintenstrahldruckers vom Briefzentrum 64 in Darmstadt mit dem Unterscheidungsbuchstaben „ta“ entwertet.
Der Rundbrief 03 – 2014 wurde mittels Frankierservice mit Hand-Tintenstrahldrucker vom Briefzentrum 64 freigemacht. Zur Dokumentation der Infopostvariante wurde am 1. Juli 2014 ein spezielles Vereinsmailing Infopost verschickt. Zum einen wurde die normale Variante, aber auch die Variante mit „Vorausentwertung“ einer 28 Cent ATM dokumentiert.
Wenn diese Drucker flächendeckend als Ersatz für bisherige Handrollstempel eingeführt werden, wird die Tintenstrahlentwertung einen weiteren Bereich erobert haben. Die klassischen Stempel werden wieder ein Stück seltener zu finden sein. Achten Sie daher zum einen derzeit auf diese Versuchsbelege, zum anderen halten Sie auch noch die verschiedenen Handrollstempelformen fest, bevor es zu spät ist und diese aus dem Postalltag verschwunden sind.
Arbeitsgemeinschaften:
Die Arbeitsgemeinschaft Briefpostautomation e.V. beschäftigt sich generell mit neuen Entwicklungen, wie der Tintenstrahlentwertung. Weitere Infos und Ansprechpartner finden Sie auf der Homepage der Arge www.arge-briefpostautomation.de