Zehn Jahre Postkonsolidierung in Deutschland
(erschienen in philatelie 458 - August 2015)
Im Februar 2005 entschied das Bundeskartellamt, dass die Deutsche Post AG ihre Rabatte für die Einlieferung von vorsortierten Sendungen auch ihren Wettbewerbern gewähren muß (siehe philatelie 269, Juni 2006 - Einführungsartikel in die Postkonsolidierung). Bekannt ist dies als Postkonsolidierung, erkennbar auf Briefen an zusätzlichen Vermerken wie Zählnummern und K-Nummern. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat sich auf diesem Gebiet viel getan. Welche Spuren diese Entwicklung hinterlassen hat und welche Trends erkennbar sind, soll der folgende Artikel vorstellen. Dabei wird bei der Auswahl der Bilder fast nur auf Teilausschnitte gesetzt, um die Vielfalt des Sammelgebietes besser darstellen zu können.
Einführung
Im Rahmen der Liberalisierung des Postmarktes in Deutschland bekamen erste Großkunden für eine Vorsortierung spezielle Rabatte (Beispiel VW circa Anfang 2000). Außerdem gab es einige pfiffige Köpfe, die erkannten, das es hier eine Marktlücke geben könnte, mit der man auch Geld verdienen könnte. Aus diesem Grunde wurden verschiedene Genossenschaften gegründet, mit dem Ziel Postkonsolidierung zu betreiben. (Beispiel Postcon – gegründet Ende 2002 vom Berliner Rechtsanwalt Jens Greve). Die Post versuchte aber, solche Neugründungen durch verschiedene Schachzüge, wie beispielsweise juristische Scharmützel, klein zu halten. Das führte zu einer Reaktion der heutigen Bundesnetzagentur mit entsprechender Klarstellung und Festlegung, was Postkonsolidierung ist. Beispielsweise müssen entsprechende Sendungen eine Zählnummer und eine Konsolidierernummer oder auch kurz K-Nummer genannt, erhalten. Aus diesem Grunde kann man das Jahr 2005 als Geburtsjahr der Postkonsolidierung festhalten. Die Entwicklung davor kann man als eine Art „Einarbeitungsphase aller Beteiligten“ bezeichnen, in der mittels des Hin und Her juristischer Art erst einmal die Rahmenbedingungen ausgetestet wurden.
Die Firmen
Wie jede neuer Entwicklung gibt es anfangs eine Art Goldgräberstimmung, frei nach dem Motto „Da machen wir mit und verdienen gutes Geld“. Schon im Sommer 2005 gab es über 100 Dienstleister, die auf diesem Gebiet mitmischen wollten. Bereits im November 2005 waren laut Bundesnetzagentur 162 Teilleistungsverträge mit 82 Konsolidieren abgeschlossen. Ob diese dann auch genutzt wurden, darf bezweifelt werden. Wie viele Postkonsolidierer es heute gibt, ist leider nicht bekannt, denn die Post hüllt sich hier in Schweigen. Im Laufe der zehn Jahre konnten viele Philatelisten aber schrittweise bis heute 99 Konsolidierer eindeutig zuordnen. Davon sind viele aber nicht mehr existent, sei es das sie Insolvenz beantragt hatten (Beispiele: K-4033 – BriefGenio AG mit Firmenhauptsitz in Wolpertshausen oder K-2049 Direkt Express Brief AG (Hauptsitz Ulm)),
sei es das die Firma übernommen wurde (Beispiele: K-4055 ProntoPorto Link & Birmili GmbH aus München– übernommen von ecoflash Briefservice GmbH (München), nach weiteren Übernahmen doch endgültig insolvent),
oder sei es, das die Firma umstrukturiert wurde und die Postkonsolidierung nicht mehr zum Aufgabenschwerpunkt gehören sollte (Beispiel: K-4016 ADOP Siemens IT Solutions and Services GmbH & Co.KG aus Fürth).
Mitmischen wollten auf diesem Sektor vom Kleinstbetrieb mit zwei bis fünf Mitarbeitern bis zu neu gegründeten AG und ausländischen Postverwaltungen (Beispiel: K-7020 – Swiss Post Solutions GmbH aus Dettingen) viele sehr unterschiedliche Firmen.
Gleichzeitig gab es in den letzten zehn Jahren einen deutlichen Trend bei größeren Firmen, ihre bisher selbst betriebene Poststelle auszulagern, beispielsweise in Form einer eigenen GmbH, um Steuern und Lohnkosten zu sparen, da die eigene Postbearbeitung nicht mehr als Kerngeschäft angesehen wurde. Eine der ersten bekannten Firmen, die dies praktiziert haben, war Siemens. Viele weitere, wie die Deutsche Bank, Lufthansa, verschiedene Stadtwerke, Städte, große Sparkassen, folgten diesem Trend. Hier kamen also neue „Dienstleistungen“ vor wie das Abholen und Liefern der Firmenpost und das Aufliefern bei der Post oder entsprechenden Privatpostdienstleistern, teilweise auch die digitale Erfassung der eingehenden Post, um diese schneller zum jeweiligen Sachbearbeiter weiterleiten zu können.
Dieser Trend hat die Konsolidierung natürlich stark beeinflusst, denn an wenigen Stellen kam immer mehr Postvolumen zusammen, das für eine Konsolidierung nur noch sortiert und gekennzeichnet werden mußte. Es gibt schon Aussagen, daß im Jahr 2015 bis zu 50% des Postvolumens Inland konsolidiert werden soll. Das würde etwas spitz formuliert bedeuten, nur die Oma zahlt noch den vollen Briefpreis von derzeit 62 Cent, die Masse der Firmen zahlt hier schon teils deutlich weniger, aufgrund der Rabatte. Der gewährte Rabatt ist den Umschlägen aber so nicht anzusehen und nachträglich auch nicht berechenbar.
Durch den weiteren Fortschritt der Elektronik liegen außerdem bei großen Firmen die Postdaten (Briefe) in elektronischer Form vor. Zusätzlich gibt es heute viele Programme, die vor dem Ausdruck eine Portoanalyse vornehmen können, ob ein Brief günstiger über die Privatpost oder die Deutsche Post verschickt werden soll und wenn ja, ob sich eine Postkonsolidierung lohnt. Die entsprechenden IT-Dienstleister und Rechenzentren oder Lettershops drucken diese Briefdaten vollmaschinell aus, kuvertieren sie und übergeben die fertigt frankierten Briefe anschließend je nach Vorgaben des Kunden an den billigsten Anbieter (beispielsweise die Privatpost) oder einem Postkonsolidierer zur Konsolidierung mit anschließender Übergabe an die Deutsche Post AG oder man konsolidiert als Lettershop selbst, da genug Volumen vorhanden ist.
Diese Entwicklung hat natürlich auch dazu beigetragen, dass tendenziell bezüglich der Firmen, die konsolidieren auch eine Bereinigung des Marktes stattfindet. Die größeren auf diesem Sektor werden noch größer: K-2055 Freesort AG, K-4000 – Deutsche Post InHaus Service GmbH und K-4031 Postcon und sie besitzen mehrere Bearbeitungszentren verteilt über ganz Deutschland.
Die kleineren verschwinden oder sind schon lange vom Markt verschwunden (Beispiele: K-2062 – RC Postdienste GmbH aus Laufen oder K-4045 – Idomail GmbH aus Straubing/Landshut). Denn Postkonsolidierung ist vom Aufwand her nur im obersten Bereich der Mindestmengen oder darüber wirtschaftlich zu betreiben.
Andere kleinere Firmen oder auch mittelgroße Firmen wie beispielsweise die Bridgetec GmbH & Co.KG Osnabrück (K-4010) liefern nur noch an große Konsolidierer ein und betätigen sich indirekt hier nur als Subdienstleister beim Einsammeln der Post.
Es gibt allerdings auch Firmen, die selbst genug Postvolumen pro Tag erzeugen oder ihre Firmendaten keinem externen Dienstleister zukommen lassen wollen (Beispiele: K-4030 – Landesbank Baden Württemberg oder K-8003 – Proservice Dienstleistungsgesellschaft mbH, ein Full Service Dienstleister der Sparkassenfinanzgruppe Köln), sodaß sich eine Eigenkonsolidierung immer noch lohnt.
Aber auch hier wird mittels vielfältiger vorhandener Software zu Beginn eine knallharte Portooptimierungsanalsyse betrieben, ob sich eine Eigenkonsolidierung lohnt oder ob es sinnvoller ist dies heute einem Wettbewerber oder anderen Dienstleister auf diesem Sektor zu geben um den maximal möglichen Rabatt herauszuholen aber morgen dies schon wieder selbst durchzuführen.
Die großen Drei
Die Freesort GmbH (K-2055) wurde 2005 gegründet und 2006 im Zuge des Börsengangs in die renonmmierte Francotyp-Postalia-Gruppe – dem führenden Hersteller von Frankiermaschinen in Deutschland integriert (laut Firmenangaben Internet). Freesort verfügt 2015 über acht Sortierzentren in ganz Deutschland. Derzeit gibt es bei den meisten eigenen Frankiermaschinen ein entsprechendes Werbeklischee 10 Jahre Freesort.
Deutsche Post InHaus Service GmbH (K-4000) war anfangs ein Dienstleister, der große Poststellen von Firmen wie Siemens übernommen hat. Es handelte sich dabei immer um eine 100%-ige Tochter der Deutschen Post AG, allerdings hat im Laufe der Jahre aufgrund verschiedener Umorganisationen mehrmals der Name gewechselt. Beispielsweise wurde diese Tochter im Oktober 2007 im Rahmen der Übernahme der „Williams Lea Gruppe“ in „Williams Lea Deutschland GmbH“ umbenannt und einer der fünf Geschäftsbereiche war die „Williams Lea Inhouse Solution GmbH“, die diese Poststellen betrieb aber auch konsolidierte. Der aktuelle Namen lautet: Deutsche Post Inhaus Services GmbH“. Fast bei jedem Briefzentrum gibt es auch eine separate Tochter zur Konsolidierung.
Postcon (K-4031) anfangs eine Genossenschaft, wurde 2002 gegründet. 2005 gab es schon fünf verschiedene Briefzentren über ganz Deutschland verteilt. 2006 wurde Postcon von TNT Post einer 100% Tochter der heutigen niederländischen Post übernommen. Im März 2014 wurde TNT Post in Postcon umbenannt und verfügt laut eigenen Angaben über 14 verschiedene Sortierzentren. Der kurze Lebenslauf der drei großen Konsolidierer zeigt, das es vielfältige Spuren gibt. Eine ausführliche Betrachtung dieser drei muß aus Platzgründen einem separaten Artikel vorbehalten bleiben.
Postalische Spuren
Während in der Anfangszeit fast immer noch zusätzlich ein oder zwei Arbeitsschritte nötig waren, um die Zählnummer sowie die entsprechende K-Nummer auf der Sendung anzubringen, wird dies heute oft gleich in Verbindung mit der Freimachung automatisch erledigt. Die entsprechenden Vermerke sind meistens auf der Vorderseite zu finden (typisch beispielsweise für K-4000 und K-4031), sie können sich aber oft auch auf der Rückseite befinden (typisch beispielsweise für K-2055). Bei Großbriefen wird oft ein Tintenstrahldrucker in Kugelschreiber Form zum Kennzeichnen benutzt. Die klassischen Stempel mit K-Nummer sind dagegen heute fast ausgestorben.
Bezüglich der Freimachung der Sendungen sind die Absenderfreistempelung mit Frankiermaschinen der Firma oder des Dienstleisters im Auftrag der Firma, die DV-Freimachung und der Frankierservice zugelassen.
Die Masse der Sendungen, die konsolidiert werden, ist mit Frankiermaschinen frei gemacht. Hier geht der Trend eindeutig dazu, gleichzeitig mit der Freimachung auch die K-Nummer im selben Arbeitsschritt anzubringen. Dies war bei älteren Frankiermaschinen anfangs nicht so einfach, da hier ein extra Werbeklischee angefertigt werden mußte. Bei den neuesten Modellen kann die entsprechende K-Nummer ganz leicht dazu geschaltet werden.
Im Laufe der zehn Jahre konnten bis heute 66 Firmen eindeutig zugeordnet werden, die diese Form gewählt haben. Bei weiteren Firmen wird noch an der Zuordnung geforscht.
Bezüglich der DV-Freimachung ist festzustellen, daß anfangs die K-Nummer vorher auf dem Umschlag bei seiner Herstellung mit aufgedruckt wurde (Beispiel: K-4016 oder K-4030).
Heute wird die K-Nummer aber oft automatisch im Rahmen des Drucks des Freimachungsvermerks auf dem Schreiben selbst angebracht (K-7005).
Dem Umschlag selbst kann man dann ohne den Inhalt nicht mehr entnehmen, daß hier eine Konsolidierung stattgefunden hat. Achten Sie daher auf den Briefkopf und heben Sie zumindest auch diesen zusammen mit dem Umschlag auf.
Der Frankierservice als Freimachung bei Postkonsolidierung ist bis heute eine Ausnahme und nur sehr selten zu finden.
Konsolidierung auf mit Internetmarken freigemachten Sendungen ist dem Autor bisher nur einmal aufgefallen. Wer kennt weitere?
Es gibt aber auch andere postgeschichtliche Spuren wie passende Infoträger der Deutschen Post oder beispielsweise von Freesort.
Weiter gibt es Privatpostlabel und oder Privatpost-Tintenstrahlaufdrucke die eine K-Nummer enthalten, obwohl diese an dieser Stelle nicht nötig wären.
Resümee
Postkonsolidierung ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken und hat ihren Markt gefunden. Die Tendenz geht eher noch dahin, das noch mehr Briefe über die Konsolidierung laufen, denn es ist selbst für Privatpostfirmen billiger, diesen Weg zu gehen, als die Post mittels eigenen Zustellern dem Kunden im Briefkasten einzulegen. Achten Sie auch als Heimatsammler auf solche Belege, denn vereinzelt gab es den einen oder anderen Konsolidierer mit entsprechender Kennung nur für wenige Monate (Beispiel Hagener Stadtbote – K-2113).
Wer sich für diesen Bereich interessiert, findet im Internet vielfältige Infos zu diesem Thema beispielsweise auf der Webseite des Autors in der Rubrik Privatpost (Anmerkung: diese Webseite - siehe passende Links, eingebaut in diesen Artikel), aber auch auf der Homepage der Arge Briefpostautomation e.V. und auf www.philaseiten.de. Hier gibt es ein sehr interessantes Forum zum Thema „Postkonsolidierer und deren Kodes“, wo die neuesten Erkenntnisse ausgetauscht werden.