Der neue alte E-Postbrief kommt
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 09/2010)
Am 14. Juli 2010 startet die Deutsche Post AG die größte Werbekampagne seit Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen. Ziel ist es scheinbar, einen großen Teil vom Kuchen des zukünftigen elektronischen Briefverkehrs, teilweise auch als De-Mail bekannt, selbst abzuwickeln. Weitere Konkurrenten wie United Internet AG und Deutsche Telekom AG stehen in den Startlächern und wollen mit De-Mail im künftigen Markt mitmischen. Das De-Mailgesetzt wird allerdings erst Ende des Jahres verabschiedet werden. Viele Sammler werden sich nun fragen, was hat dieser elektronische Mailverkehr denn mit Philatelie und Postgeschichte zu tun ?
Die Antwort ist ganz einfach: Er hinterlässt schon seit über 18 Jahren entsprechende Spuren, auch in der Philatelie, und zwar bei der Hybridvariante. Hier wird der Brief elektronisch abgeschickt und nach einem mehr oder weniger langen Weg durch Computernetze gelangt der Brief in eine Druckstation. Dort wird er ausgedruckt und läuft den restlichen Weg auf klassische Weise postalisch bis zum Briefkasten des Kunden über den Briefträger.
Am 12. März 1992 stellte die damalige Deutsche Bundespost auf der CeBit 1992 diesen elektronischen Briefservice ePost erstmals vor. Er existiert bis heute mit unterschiedlichen Namen und Teilablegern wie der Funcard. Mitte 1992 wurde sogar schon der Auslandsdienst mit Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden aufgenommen. Heute ist dies aber nicht mehr möglich. Im Herbst 1997 wurden die ersten Versuche mit Hybrideinschreiben gemacht.
Diese alten Hybridvarianten gibt es nun auch beim neuen E-Postbrief. Auch die anderen Wettbewerber bieten außer der rein elektronischen Variante Hybridbriefe in unterschiedlichster Form an oder wollen in den Markt einsteigen. Fakten zu diesen Teilbereich folgen in naher Zukunft. In diesem Artikel wird zuerst die neueste Entwicklung bei der Deutschen Post AG dargestellt. In einem späteren Artikel folgt die bisherige 18-jährige Geschicht der Hybridbriefe der Post.
DE-Mailversuche
Im November 2008 stellte die Bundesregierung erstmals im Rahmen des Bürgerportals das Projekt De-Mail vor. Hauptziel von De-Mail ist es, Zustellungen über das Internet rechtssicher vornehmen zu können. Außerdem erfolgt die Datenübertragung stets verschlüsselt, wobei die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gemäß der technischen Richtlinien eine zusätzliche Option darstellt. Der Staat erbringt den De-Mail-Dienst nicht selbst, vielmehr werden zertifizierte Provider damit betreut. Diese sind beliehen, werden also hoheitlich tätig. Der Postfach- und Versanddienst De-Mail ist der zentrale Dienst für die zuverlässige und vertrauliche Kommunikation. De-Mail wird ergänzt druch eine vertrauenswürdige Dokumentenablage (De-Safe) und einen zuverlässigen Indentitätsnachweis (De-Ident).
Die Nutzung kann von natürlichen Personen, aber auch durch juristische Personenen erfolgen. Jeder Nutzer muss sich zu Beginn zuverlässig identidfizieren lassen. Dies kann entweder über den zukünftigen elektronischen Personalausweis erfolgen, oder über das Post-Identverfahren. Anhand der Mailadresse ist der Absender eindeutig erkennbar. Da anfangs nicht jeder jegistiert ist, wird auch von allen Beteiligten die Hybridvariante benötigt. Soweit zumindest einige grobe technische Details zu den Grundlagen.
Am 4. Februar 2009 wurde ein entsprechender Gesetzentwurf beschlossen. Vom Oktober 2009 bis zum März 2010 lief in Friedrichshafen und Umgebung ein entsprechendes erstes Pilotprojet. In der Vorphase des De-Mail-Projektes war die Deutsche Post AG noch einer der beteiligten Pilotpartner, stieg aber circa Mitte 2009 aus, um ein eigenes leicht modifiziertes System vorzubereiten. Dazu wurde auch ein interner Pilotversuch gestartet. Dieser Versuch lief unter dem Arbeitstitel "Onlinebrief" vom August 2009 bis zum 31. Juni 2010 mit circa 5 000 Postmitarbeitern. Hier wurden die Grundlagen für die jetzige E-Postbrief-Plattform entwickelt.
In einer ersten Phase konnte man nur einfache Standard-Hybridbriefe verschicken. Die ersten Hybridbriefe aus diesem System wurden mittels Briefmarken frei gemacht - vermutich produziert über das Schreibcenter. Danach erfolgte für knapp acht Wochen der Versand in sehr schönen Dienstganzsachen der Deutschen Post. Eine erneute Umstellung auf die Posttochter Willhelms Lea Solution brachte dann relativ unansehnliche Fensterbriefe mit DV-Freimachungsvermerk hervor. Dies blieb auch so bis zum Schluss, obwohl vorher wieder die Produktion an die Posttochter PostCom übergeben worden war. In der zweiten Phase ab Mitte Februar konnte man auch testweise Kompakt- oder Großbriefe und sogar Einwurfeinschreiben, Einschreiben und Einschreiben Rückschein oder sogar die Versandvariante Eigenhändig testen.
Der neue alte E-Postbrief
Aufbauend auf den internen Onlinebriefversuchen, startete die Deutsche Post am 14. Juli 2010 den E-Postbrief. Dazu gab es am ersten Tag nicht nur eine große Pressekonferenz im Posttower in Bonn, sondern auch ab morgens um sechs Uhr eine riesige Werbekampagne in allen Medien (Rundfunk, Fernsehen und Printmedien). Laut Wirtschaftswoche soll der Etat für diese Werbung 80 Millionen Euro betragen. Einige Tage vorher startete am 6. Juli 2010 die United Internet AG eine Vorregistierungsaktion, die Deutsche Telekom folgte am 13. Juli 2010. Die Mails, die in diesen Systemen verschickt werden, müssen vom Absender bezahlt werden. Daher ist das Interesse der vielen Wettbewerber erklärbar, denn sie wollen alle damit viel Geld verdienen.
Ab dem 14. Juli konnte man bei der Post seine elektronische Adresse sichern. Die Adresse setzt sich zusammen aus dem Vornamen und den Nachnamen, getrennt durch einen Punkt. Bei Namensgleichheit wird hinter dem Nachnamen eine Zahl zu finden sein. Es folgt das @ und zum Schluß epost.de. Diese Endung nach dem @ epost.de gab es ja schon einmal im Jahr 2000. Damals versprach die Post eine lebenslang gültige E-Mail-Adresse. Leider wurde dieser Service einige Jahre später wieder eingestellt. Nun muss man mit viel Geld das wieder aufbauen, was schon einmal vorhanden war.
In einer ersten Phase bis November 2010 erhält man noch per Post einen Brief mit einem Registrierungscode. Am Ende dieses Eingabevorgangs mit den persönlichen Daten kann man den Postidentnachweis ausdrucken. Damit muss man dann zu einem Postamt gehen, seinen Personalausweis vorlegen, damit der Postidentantrag bestätigt werden kann. Der Mitarbeiter schickt den bestätigten Antrag zur Erfassung weiter. Einige Tage später erhält man per SMS die Freischaltungsinformation. Bei mir hat der ganze Vorgang sieben Tage gedauert. Vor dem Versand ist dann noch die Aufladung eines Portokontos erforderlich.
Zu Testzwecken habe ich folgende Hybridvarianten getestet: einen normalen Brief, ein Einwurfeinschreiben und ein Einschreiben Rückschein. Der normale Standardbrief ohne Farbdruck kostet 46 Cent plus 8 Cent Aufbereitungs- und Druckkosten, also 54 Cent. Bei den Entgelten wird aber 55 Cent genauso angegeben, egal ob rein elektronisch verschickt oder als Hybridbrief. Wo der eine Cent buchungstechnisch verschwindet oder ob es ein Rundungsfehler ist, ist derzeit nicht klar. Beim Kompaktbrief und Großbrief sind es jeweils 10 Cent mehr.
Das Einwurfeinschreiben bis 20 Gramm Schwarzweißdruck kostet insgesamt 2,45 Euro (0,46 Euro Briefporto + 0,08 Euro Druckkosten + 1,90 Euro für Einwurf). Der Einschreibebrief Rückschein bis 20 Gramm Schwarzweißdruck ostet 5,13 Euro (0,46 Euro Briefporto + 0,08 Euro Druckkosten + 2,44 Euro Einschreiben + 2,13 Euro Rückschein). Gedruckt werden sollen die Briefe in der ePoststation in Stuttgart oder bei Kapazitätsengpässen in Frankfurt. Briefe, die elektronisch nach 18 Uhr abgeschickt werden, kommen erst am übernächsten Tag an. Schickt man einen Brief am Freitag nach 18 Uhr ab, dauert es sogar bis zum folgenden Dienstag bis die Sendung im Briefkasten ist. Scheinbar wird in den ePoststationen, in denen gedruckt wird, Samstags und Sonntags nicht gearbeitet.
Bei den verwendeten Umschlägen handelt es sich um Fensterumschläge Din Lang. Links oben ist ein farbiger GoGreen Aufdruck zu sehen, rechts in der Mitte das farbige E-Postbrieflogo. Die Freimachung findet man im Fenster, es ist eine DV-Freimachung. Bei normalen Briefen mit einem 2-D-Barcode, bei Einschreiben nur als einzeiliger DV-Freimachungsvermerk, daunter einem R sowie den folgenden Strichcode für die Einschreibnummer, dazwischen in Klarschrift noch einmal die Nummer des Einschreibens.
Leider wurde die Chance vertan, rechts oben im Freimachungsbereich werbewirksam einen entsprechenden schönen zusätzlichen Vermerk anzubringen. Nur bei den Einschreiben ist hier noch der typische DV-Freimachungsvermerk mit Postleitzahl und Ort sowie dem Hinweis auf Freimachung im Fenster zu sehen. Aufgrund dieses Vermerkes wird vermutet, dass die bisherigen Einschreibebriefe nicht in Stuttgart, sondern in Düsseldorf gedruckt und kuvertiet werden.
Wenn man nun keinen zugehörigen Inhalt hat, ist natürlich nicht mehr viel zu erkennen. Derzeit kann man zumindest normale Briefe und Einschreiben auch ohne Inhalt unterscheiden, soweit erste Erkenntnisse aus der Anfangszeit. Natürlich versucht die Post nun auch, viele eigene Großkunden, wie z.B. den ADAC mit 19 Millionen Mitgliedern, durch Kooperationen ins Boot zu holen. Diese Großkunden versprechen sich dabei entsprechende Einsparungen von bis zu 70% Kosten beim Versand in elektronischer Form, egal ob der Brief dann pyhsikalisch als Hybridbrief ankommt oder in rein elektronischer Form zugestellt wird.
Datensicherheit
Die Post wirbt für den E-Postbrief mit dem Motto "verbindlihc, vertraulich und verlässlich". Verbindlich, da aufgrund der persönlicher Identifizierung immer bekannt ist, mit wem man kommuniziert. Vertraulich, da dieser elektronische Brief verschlüsselt übermittelt wird. Verlässlich, aufgrund der bisherigen Erfahrung und Qualität der Deutschen Post in der Zustellung. Dabei wird die Datensicherheit natürlich der wichtigste Faktor von allen sein. Technische Details, wie verschlüsselt wird und wo entschlüsselt wird, werden hier nicht erläutert. Auf Dauer wird derjenige Wettbewerbe das Rennen machen, der diese Datensicherheit immer gewährleisten kann und sich gegen Hackerangriffe stets erfolgreich zur Wehr zu setzen weiß. Wer sich hier Datenpannen einhandelt, ähnlich wie es bei der Telekom schon an anderer Stelle passiert ist, dürfte sehr schnell von den Kunden abgestraft werden.
Resümee und Ausblick
Natürlich kann man nicht nur Hybrideinschreiben versenden, rein elektronisch ist so etwas als Einwurf-Einschreiben beziehungsweise als Einschreiben mit Empfangsbestätigung auch möglich. Diese Arte ds Postversandes ist aber praktisch nicht nachweisbar. Der ganze Service ist erst einmal nur auf das Inland beschränkt. Wie sich nun alles entwickeln wird, ist schwer vorherzusagen. Führt die De-Mail dazu, dass die klassischen Briefe schnell drastisch weniger werden oder tritt dieser Effekt nur langsam ein?
Auf alle Fälle dürfte es mittelfristig wesentlich weniger klassische Briefe geben, es werden also weniger Briefmarken oder Labels benötigt und es werden weniger Freistempel oder andere Freimachungsvermerke zu finden sein. Dafür werden zumindest in der Übergangsphase die Hybridbriefe öfters auftauchen. Ins Ausland wird man weiterhin den klassischen Brief benötigen. Hier wird sich so schnell nicht viel ändern. Lassen wir uns überraschen, wie die Entwicklung weiter geht. Ich werde dies auf alle Fälle aufmerksam verfolgen und in naher Zukunft den einen oder anderen Teilaspekt näher analysieren und darstellen.
Arbeitsgemeinschaften
Die Arbeitsgemeinschaft Briefpostautomation beschäftigt sich seit ihrer Gründung mit der Automatisierung. Zu den Schwerpunkten gehören natürlich auch die Hybridbriefe. Leser, die sich für obiges Thema oder auch generell für Postautomation interessieren, wenden sich bitte an den Rundbriefredakteur Heinz Friedberg. Die Mailadresse lautet Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Die Webseite der Arbeitsgemeinschaft lautet www.arge-briefpostautomation.de