Konzept Brief 2000 - Die Folgen für die Philatelie
(erschienen im Briefmarkenspiegel 12/1995)
In letzter Zeit hört man immer häufiger Begriffe wie "Briefzentrum" oder "Briefregion". Vereinzelt gibt es sogar schon ungewöhnliche Stempel mit der Bezeichnung "Briefzentrum 34" oder "Briefregion 97" ohne eine PLZ. Diese vielen Begriffe hängen mit dem Konzept "Brief 2000" zusammen, das die Post in Bonn vor nicht einmal drei Jahren vorgestellt hat.
Dieses zukunftsweisende Projekt erfordert 3,9 Milliarden Mark Investionen und sorgt für eine komplett neue Infrastrutur der Gelben Post. Ziel des Projektes ist es, den Brieftransport in Deutschland schneller und zuverlässiger zu gestalten. Die schrittweise Umsetzung dieses gewaltigen Projektes hat enorme Auswirkungen für die moderne Philatelie.
Brief 2000 besteht aus drei Grundelementen, die wie Zahnräder ineinandergreifen:
- ein vereinfachtes Angebot mit den vier Basisprodukten Standard-, Kompakt-, Groß- und Maxibrief
- eine vereinfachte Preisstruktur mit vier Basispreisen
- der komplett neue Aufbau eines leistungsstärkeren Betriebssystems mit den Briefzentren
Das alte System benötigt über 1000 Bearbeitungsstellen für die Verteilung der Briefe. Das neue System dagegen benötigt nur 83 hochautomatisierte Briefzentren, die zum Großteil neu errichtet werden. Bis 1998 soll dieses Konzept abgeschlossen sein. Danach werden zur Beförderung der Briefe statt derzeit noch etwas 150 000 Fahrten rund 50 000 Fahrten notwendig sein. Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Briefzentren war die Einführung der neuen Postleitzahlen im Juli 1993. Mit den ersten beiden Stellen der Leitzahlen werden künftig die 83 Briefzentren angesteuert. 98 Prozent der Postkunden benutzen bereits heute diese 5-stellige PLZ.
Mit einer neuen Generation von Briefsortieranlage wird die Post künftig über 85 Prozent aller Briefe maschinell sortieren können. Bisher war dies nur bei 24 Prozent der Briefe möglich. Die Auslastung der Briefsortieranlagen wird durch einen 24-Stunden-Betrieb optimiert.
Im Nachtbetrieb werden künftig alle Briefe bearbeitet, die am nächsten Morgen zugestellt sein sollen (E + 1). Tagsüber werden Zeitschriften und Infopost verteilt, für die längere Laufzeiten vereinbart wurden (Express-Logistik-Netz auf LKW-Basis, siehe BMS 5/95, Seite 4). Die ersten Folgen des Konzepts für die Philatelie waren neue Gebühren und die neuen Postleitzahlen. Mit der schrittweisen Inbetriebnahme der ersten neuen Briefzentren zeichnen sich weitere wesentliche Änderungen für die Philatelie ab. Es fallen bestimmte Maschinenstempel mit Ortsbezeichnung weg, dafür tauchen neue Stempel mit der Bezeichnung "Briefzentrum" oder "Briefregion" xy auf.
Weiter wird es künftig auch eine Eingangskodierung geben. Um diese Änderungen richtig einordnen zu können, ist es besonders wichtig, mehr über die Briefzentren zu erfahren. Eine erste Übersicht bietet die folgende Tabelle.
Die Briefzentren lassen sich in fünf Standardgrößen einteilen. abhängig von der Sendungsmenge pro Tag.
Am 4. Juli 1994 wurde in den beiden Pilotprojekten im Briefzentrum (BZ) 94 in Straubing und BZ 48 in Greven bei Münster versuchsweise die erste Post bearbeitet. Diese Briefmengen wurden schrittweise bis zum 4. Oktober 1994 auf die komplette Bearbeitsungsmenge erhöht.
Dabei kam es speziell in Greven bei Münster zu den ersten philatelistischen Überraschungen. Ohne große Ankündigungen wurden dort erstmals neue Stempel mit der Bezeichnung "Briefzentrum 48" und der PLZ 48000 eingesetzt.Weitere Details zu diesem Stempel und dem Briefzentrum 48 wurden von Herrn Hildebrandt von der Arbeitsgemeinschaft "Postautomation" veröffentlicht. Dieser Stempel sollte angeblich nur für den innerbetrieblichen Dienst vorgesehen sein. Nach einer Verwendungszeit vom 5. Juli 1994 bis etwa Mitte/Ende August wurde dieser Stempel zurückgezogen und durch einen normalen Tagesstempel ersetzt. Mittlerweile sind wieder Briefzentrumsstempel im Einsatz, allerdings ohne PLZ (Wer dazu Details kennt, bitte melden!).
Im Gegensatz zu Greven, gibt es bis heute noch keine entsprechenden Stempel von Straubing. Diese Stempel sind aber beantragt (ein Faust-, ein Hammer-, ein Handroll- und ein Maschinenstempeleinsatz). Der Einsatz dieser Stempel ist also nur eine Frage der Zeit. Seit Anfang Juni nun wir es immer lebhafter auf diesem Gebiet. Durch die weitere Inbetriebnahme der Briefzentren (BZ) Chemnitz, Kassel und Halle gibt es zusätzliche Stempeldetails in der unterschiedlichsten Form zu melden.
Mal gibt es anfangs nur den Handstempel, mal gibt es nur Stempel mit der Bezeichnung Briefzentrum. Es gibt aber auch BZ mit Briefzentrums- und Briefregionsstempel. Kurios: Briefzentren, die noch im Bau sind und trotzdem schon über Briefregionsstempel verfügen (wie Würzburg).
Hier tut sich also ein interessantes neues Sammelgebiet auf. Wie dies bei der Post so üblich ist, gibt es zu den entsprechenden offiziellen Einweihungen auch entsprechende Werbestempel und weitere Heftchen oder Klappkarten für die Presse und di geladenen Gäste.
Betrachten wir nun einmal exemplarisch den Standort Kassel mit dem BZ 34 genauer. Hier gibt es nur Stempel mit der Bezeichnung Briefzentrum 34. Die Stempelversionen teilen sich hier auf in einen Fauststempel, einen Hammerstempel, drei Handrollstempel und zwei Klischees für die Briefaufstell- und Stempelmaschine. In den anderen Briefzentren dürfte es - abhängig von der Größe - ähnlich aussehen. Die Handrollstempel dienen zur Bearbeitung der großformatigen Briefe, die nicht mit der Stempelmaschine bearbeitet werden können.
Der Hammerstempel dürfte hauptsächlich zur internen Stempelung der Beutelfahnen benutzt werden. In Kassel gab es aber auch noch eine andere Möglichkeit, Beutelfahnen zu kennzeichnen.
Der Fauststempel befindet sich an einem eigenen Postschalter des Briefzentrums, gegenüber von den Schließfächern der Großkunden. Dort kann jeder Postkunde Einschreiben und Wertbriefe aufgeben. Dafür wird der Fauststempel benötigt. Außerdem gibt es hier noch spezielle R- bzw. V-Zettel mit der Bezeichnung "Briefzentrum xy" für den jeweiligen Schalter.
Dies dürfte den wenigsten bekannt sein. Da die Struktur an jedem BZ gleich ist, wird es diesen Schalter vermutlich auch an den anderen in Betrieb befindlichen Briefzentren geben. Als Ausnahme ist uns bisher nur Straubing bekannt.
Hiermit möchte ich den ersten Überblick über die Briefzentren beenden. Über weitere Details, wie etwa die Eingangskodierung, die vielen Stempelvarianten oder auch die vielfältigen Werbepräsente der Post zu diesen Anlässen, soll in einer späteren Folge berichtet werden.