Neu bei der Deutschen Post: Die Handymarke
(erschienen in philatelie 376 - Oktober 2008)
> und was wikipedia darüber berichtet >
Nachträgliche Ergänzung mit Datenstand Juni 2021: Das Handyporto wurde gegen Ende 2020 durch die "Mobile Briefmarke" ersetzt und daher abgeschaltet - weitere Infos dazu unter dem Artikel "Mobile Briefmarke löst Handyporto ab"
Im Newsletter Gewerbekunden wurde erstmals von der Post über das neue Produkt "Handyporto" berichtet. Laut diesen Informationen sollte der Pre-Launch-Test am 1. August 2008 beginnen und der Kampagnen- und Pilotstart war für den 15. August 2008 angesetzt. Da die Post heute oft nur dürftige Pressemitteilungen ohne große Hintergrundinformationen zu solchen neuen Produkten herausgibt, ist die Informationslage für Postgeschichtler und Philatelisten erst einmal unbefriedigend. Zu Bundespostzeiten war man hier noch wesentlich offener und kooperativer. Aber wie die Bearbeitung der Sendungen erfolgt, lässt sich jederzeit auch mit etwas mehr Aufwand ohne Probleme über eine Anzahl von Testbriefen ermitteln. Denn postalische Vorgehensweisen - egal welcher Postverwaltung in der Welt - hinterlassen natürlich auf jedem Brief eindeutig schichtbare Spuren. Diese belegen dann die Handhabung der internen postalischen Praxis. Der Autor hat mit Testbriefen diese postalische Behandlung untersucht und das Verfahren für die Leser der philatelie getestet.
Erste Entwicklungsschritte
Der erste bis jetzt bekannte Beleg mit "Handyporto" stammt vom 16. Juli 2008. Zwar stand hier schon ein zwölfstelliger Zahlencode in drei Vierer-Blöcken unter einander geschrieben im Bereich der Freimachung und darunter das "Handy-Porto". Der Brief wies aber noch kein Handylabel auf, die erstmals für den 12. August auf Belegen dokumentiert wurden. Woher dieser Postkunde die Informationen hatte, konnte bis jetzt nicht abschließend gekllärt werden, denn im Newsletter für Gewerbekunden wurde ja ein anderes Startdatum genannt. Vermutlich dürfte es ein Zusteller gewesen sein, denn diese müssen ja sonst bei nicht frankierten Briefen ein Nachentgelt auswerfen und kassieren. Dass der Brief mit einem Maschinenstempel versehen ist, obwohl keiner Fluoreszenzbalken oder Briefmarken vorhanden sind, zeigt, dass die Technik der Erkennung von nicht frankierten Briefen scheinbar nicht so funktioniert, wie sie soll.
Der Autor hatte nun am 7. August über eine Kopie des Newsletter Gewerbekunden die Kurzwahlnummer gefunden, die nötig ist, um eine SMS abzusenden. Weiter konnte man diesem Newsletter entnehmen, dass dieses neue Produkt für Briefe und Postkarten gelten sollte. Es genüge, eine SMS mit dem Stichwort "Brief" oder "Karte" an die Nummer 22122 zu schicken oder direkt dort anzurufen. Allerdings geht das derzeit nur für Kunden von T-Mobil (D 1) und Vodafone (D 2). Innerhalb weniger Sekunden erhält der Absender per SMS einen zwölfstelligen Code zugemailt. Den erhaltenen Code sollte man dann handschriftlich auf den Brief oder die Karte möglichst in Form von drei unter einander geschriebener vierstelliger Zahlen im Bereich der Briefmarke schreiben und dann kann man den Beleg schon im Briefkasten einwerfen.
Berechnet wird von der Post für diesen Service für eine Postkarte 85 Cent, für den Brief 95 Cent. Dazu kommen aber noch die Entgelte der Rovider, bei T-Mobile sind das 12 Cent für die SMS, sodass die Karte 97 Cent und der Brief 1,07 Euro kosten. Diese Summe wird über die Telefonrechnung des Handys oder die entsprechende Prepaidkarte abgebucht. Im Vergleich dazu kostet die Postkarte mit Briefmarke derzeit 45 Cent, der Brief 55 Cent. Es handelt sich hier also um ein nicht ganz billiges Vergnügen. Weitere Infos zum Handyporto erhält man unter der Internetadresse www.handyporto.de, die ab Anfang August freigeschaltet sein sollte. Am 7. August konnte man zwar schon Porto für eine Karte oder einen Brief anfordern, aber die Internetadresse war noch nicht freigeschaltet. Dies erfolgte erst zum 15. August 2008. Hier wird auch noch mal erläutert, wie es geht und welche Vorteile aus Sicht der Post vorhanden sind. Die sonst üblichen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu diesem Produkt konnte der Autor nicht finden, aber die üblichen Fragen und Antworten dazu (FAQ). Diesen Aussagen ist beispielsweise zu entnehmen, dass keine Registierung erforderlich ist. Aus München und Berlin wird von Sammlern berichtet, dass dort schwerpunktmäßig in der Jugendszene Werbung für das Handyporto gemacht wird.
Philatelistische und postalische Aspekte
Wie diese Belege nach der Beförderung aussehen, zeigen die verschiedenen Abbildungen dieses Artikels. Im Normalfall stehen rechts oben im Bereich der Freimachung drei vierstellige Zahlen, die untereinander geschrieben werden sollen. Das Schreiben einer zwölfstelligen Zahl funktioniert aber auch. Der Zusatz Handyporto muss nicht dazu geschreiben werden. Sollte man sich bei der Zahl verschreiben, so schein dies in gewissen Rahmen auch kein Problem zu sein.
Die Sendungen müssen nun im Eingangsbriefzentrum erkannt und nachbearbeitet werden. Dazu wird hier ein Label aufgeklebt. zuerst steht auf diesem Label groß "Deutsche Post" und das Posthorn. Etwas kleiner darunter steht "Handyporto". Darunter befindet sich ähnlich wie bei der Internetmarke wieder ein 20-stelliger Zahlencode, bestehend aus zwei Zehner-Blöcken in Hexadezimalform. Rechts davon befindet sich ein senkrechter starker schwarzer STrich, zwei weitere dünne und daneben ein schon bekannter zweidimensionaler Barcode (2-D-Barcode). Untern ist nun noch die Internetadresse www.handyporto.de angegeben.
Eine Stempelung scheint nicht vorgesehen zu sein, wurde aber bei dem einen oder anderen Testbrief immer wieder mal beobachtet. Laut den FAQ ist bisher nur eine Frankierung für Postkarten und Standardbriefe Inland zugelassen, die ca. 80 Prozent des Postvolumens ausmachen. Was nun aber bei der Frankierung mit Kompaktbriefen, Großbriefen im Inland oder sogar ins Ausland passiert, lässt sich aber leicht über entsprechende Testsendungen nachweisen. Ein Kompaktbrief kostet 90 Cent, wäre also durch zwei Postkartenportos frankiert. Der Test war erfolgreich, für jedes Postkartenporto kam ein Label drauf, also quasi eine Doppelfrankatur. In der Realität hat die Sendung aber 1,94 Euro einschließlich der Providergebühren gekostet.
Ein Großbrief Inland llässt sich über zwei Postkarten und eine Brieffrankatur darstellen. Auch dieser Test war erfolgreich, wie die Abbildung zeigt. Das Experiment ist aber nicht gerade billig und schlägt mit 3,01 Euro realem Porto zu Buche. Interessant ist hier, dass neben jedem Label sogar steht, für welche Summe es geklebt wurde. Laut Ausssage des zuständigen Zustellers hat er diese Label im Zustellstützpunkt überprüft und den Wert selbst daneben geschrieben. Eine Überfrankierung hierlässt keine weiteren Spuren.
Eine Unterfankierung weist aber weitere Spuren der Bearbeitung auf. Ein Testbrief nur mit Postkartenporto freigemacht, wurde im Eingangsbriefzentrum (hier in Wiesbaden - BZ 65) entsprechend bearbeitet. Das Handyporto für eine Postkarte wurde anerkannt und ein passendes Handyportolabel verklebt. Die fehlende Differenz von 10 Cent wurde mittels der bekannten gelben Zettel dokumentiert. Diese wurden ja Ende letzten Jahres in veränderter Form neu eingeführt. Statt einer handschriftlichen Angabe des fehlenden Portos erhält der Kunde nun je nach Vorgang unterschiedliche Textvarianten, je nach Sachstand. Der linke Teil wurde abgezogen und auf einem Paier zur Dokumentation sichergestellt. Die ergänzende Frankatur erfolgte über eine Automatenmarke in Höhe von 10 Cent. In der Abbildung zwar nicht erkennbar, zeigt der Orginalbeleg zwei unterschiedliche Kodierungen an.
Das Ausschleusen der anfangs nur mit einer Zahl versehenen Briefe dürfte also maschinell erfolgen, vorausgesetzt die Technik erkennt auch alles. Bei Postkarten mit Handyporto wurden aber oft Probleme beim Ausschleusen festgestellt. Diese wurden fast immer unerkannt weiter befördert, ohne ein Label anzubringen oder ein Nachentgelt zu erheben. Ein erneutes Versenden mit dem gleichen Code war in diesem Fall immer ohne Probleme möglich.
Sendungen ins Ausland werden wie die Inlandsbelege bearbeitet, die Differenz beträgt hier aber 15 Cent. Wenn kein Absender vorhanden ist, kann keine Rücksendung erfolgen, um die fehlende Summe zu erheben. In diesen Fällen wird mit Blaustift getast. Die ausgeworfene Summe setzt sich dann im Inland aus der fehlenden Differenz und dem immer noch vorhandenen Einziehungsentgelt in Höhe von 51 Cent zusammen. Diese krumme Summe basiert immer noch auf dem laten DM-Betrag, der in Euro umgerechnet und bisher noch nicht auf eine glatte Summe auf- oder abgerundet wurde. Ins Ausland wrid mit dem bekannten Taxstempel gearbeitet. Neben dem T ist ein Bruchstrich. Im unteren Teil steht das derzeitige Porto für einen Standardauslandsbrief also 70 Cent, über dem Bruchstrich wird die fehlende Differenz geschrieben.
Speziell in der ersten Phase vor dem 15. August 2008 wurden fast alle Belege trotz korrekten Handyportos mit Nachentgelt belegt. Dabei wurden alle angeforderten Codes bis zum 8. August 2008 früh morgens gelöscht und nach Reklamation durch neue Codes ersetzt. Codes vom 8. August vom Vormittag und danach wurden fast immer bis zum 15. August mit Nachentgelt belegt und nicht mit einem Handylabel versehen. Eine erneute Benutzung des gleichen Codes war dann ab dem 15. August ohne Probleme möglich.erste Belege mit richtiger Bearbeitung mit Label sind aber beispielsweise schon vom 12. August aus dem BZ 92 bekannt geworden. Eine Kombination Handyporto und Einschreiben scheint zumindest toleriert zu werden. Zumindest kann dies in Kombination mit einem SB-Einschreibelabel auch einlieferungstechnisch nicht verhindert werden. Die Einlieferung soll ja hier über den Briefkasten erfolgen.
Resümee
Vom Preis her ist das Produkt nicht gerade billig. Für ältere Menschen, die sich nicht besonders mit einem Handy auskennen, scheint das Produkt auch nicht konzipiert zu sein. Zielgruppe ist wohl schwerpunktmäßig die Jugend, die oft Kurznachrichten verschickt und selten auf den Preis schaut, bis eben Ebbe in der Kasse ist. Für Notfälle speziell auf dem flachen Land, wo nicht nur Briefkästen abgebaut werden, sondern auch Briefmarkenautomaten, die sich nicht rechnen, ist das Handyporto wohl schon mal eine Alternative in Notfällen.
Der Aufwand, diese Belege aus der Masse der frankierten Sendungen auszusortieren und entsprechenden nachzubearbeiten, dürfte nicht gerade klein sein. Besonders Postkarten bereiten hier scheinbar größere Probleme. Eine erneute Benutzung des gleichen Codes war in diesen Fällen immer ohne Nachentgelt möglich. Ob weitere Sendungsformen dazu kommen, wird die Zukunft zeigen. Dies dürfte nur dann der Fall sein, wenn die Technik in der Lage ist, diese Sendungen eindeutig auszuschleusen und für eine Nachbearbeitung zur Verfügung zu stellen.
Die regelmäßige Auswertung von Firmenpost zeigt, dass immer wieder Briefe ohne Marke mit Maschinenstempel auftauschen. Was die Technik hier als Freimachung erkannt haben will, ist rätselhaft. Als Nischenprodukt dürfte das Handyporto vermutlich die Testphase überleben. Die Internetmarke ist im Vergleich dazu wesentlich günstiger. Da außerdem auch schon einige Handys internettauglich sind, fehlt hier eigentlich nur noch der mobile Minidrucker zum Anschließen ans Handy und alles wäre viel preiswerter.
Arbeitsgemeinschaften
Die Arbeitsgemeinschaft Briefpostautomation beschäftigt sich natürlich auch mit neuen Frankiervermerken, speziell den 2-D-Barcodes. Leser, die sich dafür oder generell für Postautomation interessieren, wenden sich bitte an den Rundbriefredakteur Heinz Friedberg. Die Mailadresse lautet Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!