Neues Produkt „Alterssichtprüfung“
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 475 - Januar 2017)
Im Paketbereich gab es seit dem November 2014 die Zusatzoption „Alterssichtprüfung“ für Pakete, um bestimmte Aspekte des Jugendschutzgesetzes berücksichtigen zu können. Aufgrund des steigenden Internethandels und eCommerce Booms wurde für Postkunden auch im Versandbereich mit Briefen oder Warensendungen die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes immer wichtiger. Im Jugendschutzgesetz ist beispielsweise der Onlinehandel von alkoholischen Getränken und Tabakwaren geregelt. Bei Bildträgern (Filmen, Spiele) gibt es oft entsprechende Freigabekriterien „Ab 16 Jahre“ oder „Ab 18 Jahre“. Daher wurde zum 1 Juli 2016 im Briefbereich die neue Zusatzleistung „Alterssichtprüfung“ eingeführt, die im folgenden Artikel vorgestellt wird.
Einführung
Für Pakete wurde die Zusatzoption „Alterssichtprüfung“ im November 2014 eingeführt. Dort wird als Vorteil, die Sicherung des Jugendschutzes im Versand, die wahlweise Prüfung des Mindestalters des Empfängers (+16 oder + 18 Jahre) angeboten und eine ausweisgestützte Identifikation des Empfängers von der Zustellkraft als Service genannt. Diese Zusatzleistung kostet dort zusätzlich 1,19 Euro mit MwSt. Dem Autor war diese Option bis zur Einführung im Briefbereich auch nicht geläufig. Wer kann hier entsprechende Belege (Adressausschnitte) vorlegen?
Im Briefbereich gab es nur eine indirekte Option als teilweise Alternative, das hochpreisige Einschreiben Eigenhändig. Dieses deckte aber auch nicht alle Verpflichtungen nach dem Jugendschutzgesetz ab. Amazon soll diese Variante zwar mal versuchsweise für seinen DVD-Versand getestet haben, der Test wurde aber wieder eingestellt. Aufgrund dieser Ausgangssituation entwickelte die Post ein vergleichbares Briefprodukt. Geboten werden sollte die persönliche Übergabe durch den Zusteller, Sichtprüfung durch den Zusteller an der Haustür für die zwei Varianten „über 16 Jahre“ oder „über 18 Jahre“. Zielgruppe der Versandinhalte sind hier beispielsweise Gewaltspiele, Horrorvideos, Erotik, Tabak oder Spirituosen, die von Geschäfts- und Gewerbekunden im Onlineversandhandel vertrieben werden. Zugelassen sind Postkarten, alle Briefformate, Büchersendungen, Warensendungen und DVD-Sendungen.
Die Sendungen werden mit einem zusätzlichen Label (analog wie bei Einschreiben) gekennzeichnet. Die Einlieferung ist über Briefkasten, Filiale und Großannahmestellen möglich. Zugelassen ist der Versand allerdings nur innerhalb Deutschlands. Der Absender kann über die Alterssichtprüfung beim Kundenservice eine Auskunft einholen und gegebenenfalls so einen Nachweis erbringen. Weitere Produktdetails sind, keine Einlieferungsbestätigung, keine Sendungsverfolgung, keine Haftung, Laufzeit abhängig vom Basisprodukt. Eine Kombination von Einschreiben oder Nachnahme oder anderen Zusatzleistungen ist nicht erlaubt.
Interessant ist allerdings die rechtliche Situation, es ist kein rechtskonformes Produkt, die Deutsche Post erfüllt also nicht die Anforderungen des Jugendschutzgesetzes, sie verbessert laut Post aber deutlich die derzeitige Marktsituation. Das neue Produkt ist steuerpflichtig und kostet 1,50 Euro pro Label zuzüglich der MwSt. Der Kauf dieser Label ist nur über die eFiliale als 10er Labelblock oder als 500er Rolle möglich. Das Zusatzentgelt für die Alterssichtprüfung (ASP) ist mit dem Label abgegolten (es erfolgt keine Bezahlung über die Frankierung oder eine Internetmarke). Als Starttermin wurde der 1. Juli 2016 genannt.
Die Label
Am 1. Juli 2016 wollte der Autor in der eFiliale jeweils einen 10er Labelblock bestellen. Da es sich um eine Zusatzleistung handelt, suchte der Autor erst einmal im Bereich Versendungsformen, hier ist aber nichts zu finden. Ein Anruf bei der Hotline ergab, das das Produkt „Service Altersprüfung“ in der eFiliale im Bereich Brief unter „Post empfangen“ einsortiert ist. Wieso dies so entschieden wurde, ist für den Autor nicht ganz nachvollziehbar. Beim Bestellen gab es die erste Überraschung, für die Variante „über 16 Jahre“ war dies möglich, für die Variante „über 18 Jahre“ war dies nicht möglich. Hier lautete die Info, das diese voraussichtlich erst ab dem 8. Juli 2016 lieferbar seien; dies galt übrigens auch für die 500er Rollen.
Ab dem 8. Juli konnte man diese zwar wieder bestellen, sie wurden aber immer noch nicht ausgeliefert. Erst am Freitag den 15. Juli kamen mittags mit der Post die bestellten Labelblocks an. Das Produkt konnte also erstmals an diesem Tag benutzt werden, wie auch andere Sammler berichteten.
Die Label sind bezüglich der äußeren Masse genauso groß wie die schon bekannten Labelblocks für Einwurf Einschreiben und die anderen Produkte aus dieser Reihe. Es gibt allerdings minimale Unterschiede, je nach Fertigungscharge. Das Format der Verpackung ist etwas größer als das darin befindliche neue Label mit seinem Format von 88,5 x 62 Millimeter. Auf der Außenseite befindet sich auf der Vorderseite eine rote 16 auf dem großen Hut einer Jugendlichen, der Spruch „Wir schauen genau für Sie hin“ und der kurze Hinweis Alterssichtprüfung Ü 16 – 10 selbstklebende Marken für Briefsendungen, national sowie das Logo der Deutschen Post. Auf der Rückseite befinden sich Hinweise zu den Vorteilen der Alterssichtprüfung, die Produktnummer und die Angabe „Stand 07/2016“. Die Verpackung für die Marken Alterssichtprüfung Ü 18 ist fast identisch, der einzige Unterschied hier ist, dass hier ein Jugendlicher mit großer Mütze mit der blauen 18 abgebildet ist.
Wenn man die Verpackung das erste Mal aufklappt, findet man links Hinweise, wie es funktioniert, rechts sieht man das Label.
Man kann die Verpackung weiter aufklappen und findet auf den linken zwei Seiten Hinweise über den Versand, rechts Infos, falls man Zustellinformationen wünscht und ganz rechts einige weitere Infos über das Produkt, wenn der Empfänger nicht anzutreffen ist oder das geforderte Mindestalter hat.
Betrachten wir nun das Label selbst. Das Label besteht aus zwei Seitenstreifen, links und rechts, auf dem rechten steht „Bitte hier abziehen“. Der mittlere Teil besteht aus drei weiteren Labelteilen. Im oberen Teil (der interne Einlieferungsnachweis) steht links oben die entsprechende Sendungsnummer, eine zweizeilige Hexadezimalzahl. Rechts davon kann man das Einlieferungsdatum notieren und darunter den Empfänger. Es folgen zwei kleine Labelfelder mit der etwas größeren Sendungsnummer, die man beispielsweise auf seine internen Unterlagen zur Dokumentation aufkleben kann.
Im unteren Teil folgt nun der Labelteil, der die wichtigen Informationen enthält und der auf die entsprechende Sendung geklebt werden soll. Das Format beträgt 74 x 32 Millimeter (Alter 16) beziehungsweise 74 x 36 Millimeter (Alter 18). Wieso hier etwas unterschiedliche Daten vorliegen, ist derzeit nicht klar, eventuell um dem Einlieferer etwas mehr Platz zu lassen, denn dieser Teil ist dann entsprechend größer.
Das Alterslabel ist ähnlich wie eine Internetmarke aufgebaut, links findet man oben die Angabe „Alter 16“ oder „Alter 18“, unten ein großes „A“, das genauso groß ist wie die Postmatrix rechts. Über dieser befindet sich der Name „Deutsche Post“ und das Postlogo, rechts ist der bekannte Klarschriftteil. In der ersten Zeile ist das Herstellungsdatum 06/16 sowie dahinter der Preis 1,50 Euro ohne MwSt zu finden. Es folgt die zweizeilige Hexadezimalzahl, die obere ist die Chargennummer der Post, die immer die selbe ist, die zweite Zeile ist eine fortlaufende Zählnummer. Unter dem Postmatrixcode steht „www.internetmarke.de“. Es ist aber keine richtige Internetmarke, die über das eigene Konto oder über die eFililale zu kaufen wäre.
Dies gilt ja auch für vergleichbare ähnliche Produkte, wie die Produktmarke Postzustellungsauftrag oder Streifbandzeitung. Man greift hier jeweils nur auf bestehende Standards und Handhabungsprozesse zurück, die im Fall der Alterssichtprüfung bei der Auslieferung existieren. Bei der Variante „Alter 16“ lautet die 10-stellige Chargennummer „A0 0198 39DD“, bei der Variante „Alter 18“ lautet diese „A0 0198 2B87“.
Der Preis des 10er Labelblocks beträgt mit Mehrwertsteuer 17,85 Euro. Die jeweilige 500er Rolle kostet 892,50 Euro. Welche Unterschiede eventuell bei den Labeln von der Rolle existieren (eventuell runde Ecken ?), konnte bisher nicht geklärt werden, da die Deutsche Post AG die entsprechende Presseanfrage negativ beantwortet hat. Melden Sie sich bitte, wenn Sie entsprechende Belege finden – danke.
Der Postalltag
Der Autor hat nun verschiedene Testbriefe verschickt, teils an Jugendliche, die noch nicht alt genug waren, teils an Jugendliche oder Erwachsene, die das Alterskriterium erfüllt haben. Ein weiteres Testkriterium war, die Handhabung bei einem reinen Postzusteller, alternativ dazu ein Verbundzusteller (bringt Briefe und Pakete) und wie diese Sendungen am Schalter bei Abwesenheit des Empfängers behandelt werden. Die Ergebnisse dieser Handhabung werden nun im folgenden vorgestellt.
Zur Kennzeichnung der Sendung muss der Absender die Sendung mit dem oben beschriebenen Label kennzeichnen. Es handelt sich zwar um einen Brief mit Zusatzleistung, es gibt aber keine Einlieferungsbestätigung, egal ob man die Sendung am Schalter abgibt oder in den Briefkasten wirft. Dies wird in den entsprechenden speziellen AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zum Produkt explizit erwähnt.
Sollte der Kunde aus Versehen die Sendung selbst mangelhaft frankieren, so kann diese mit Nachentgelt belegt oder mit gelben Zettel an den Absender zurück geschickt werden. Nach der Einlieferung läuft die Sendung im normalen Sendungsstrom bis zum Zustellstützpunkt des Empfängers. Aufgrund des Postmatrixcodes können diese Sendungen bei der Gangfolgesortierung vergleichbar wie die Einschreibsendungen, separat ausgesteuert werden. Der Zusteller findet diese Sendungen also vor seinem Zustellgang entweder im Stapel der Einschreibsendungen oder er findet diese selbst bei der Sortierung der nicht maschinenfähigen Sendungen. Handelt es sich um einen reinen Briefzusteller, werden die Sendungen am Nachfolger der Scan-Druckstation erfasst und es folgt der Ausdruck eines internen Erfassungsbeleges.
Beim Verbundzusteller werden die Daten nur im mobilen Handscanner elektronisch erfasst. An der Haustür wird nun das Alter geprüft und falls der Empfänger alt genug ist, wird die Sendung ausgeliefert (ohne das eine Unterschrift erfolgt), andernfalls geht diese zum Absender zurück. Trifft der Zusteller den Kunden nicht an, erfolgt eine Benachrichtigung für die nächstgelegene Filiale, dort erfolgt die analoge Prüfung. Nach der Rückkehr des Zustellers muss der Vorgang noch dokumentiert werden. Dies passiert beim Verbundzusteller über den eigenen mobilen Handscanner, beim reinen Briefzusteller an der Hasci-Stationär-Scanstation im Zustellstützpunkt.
Der Absender kann den Sendungsstatus seiner Sendung über die telefonische Hotline 0180 6555555 erfragen. Wünscht er einen physischen Beleg über die erbrachte Leistung, kann er diesen kostenpflichtig über den Kundenservice anfordern. Damit kann zumindest nachgewiesen werden, das die Alterssichtprüfung zum Versand genutzt wurde. Bei Sendungen, bei denen der Empfänger das entsprechende Mindestalter hat, sind auf dem Umschlag keine weiteren Vermerke zu sehen. Ist der Empfänger zu jung, wird die Sendung vom Zusteller wieder mit in den Zustellstützpunkt (ZSP) genommen. Dort erhält diese einen weißen „Zurück-Aufkleber“, beim dem im Blankofeld der Grund der Rücksendung angegeben wird, also beispielsweise keine 18 Jahre. Anschließend wird die Sendung in den speziellen Behälter „Rücksendezentrum“ (RZ) eingelegt.
Beim Rücksendezentrum handelt es sich um eines der vier Briefzentren (Karlsruhe, Köln, München, Magdeburg), bei denen auch die Nachsendung (INA) bearbeitet werden. Bei Standard- und Kompaktbriefen erfolgt eine maschinelle Bearbeitung. Dabei wird über die bisherige Kodierung, ein gelber 14,2 Zentimeter langer und 3 Zentimeter hoher Aufkleber angebracht, der maschinell mit der Rücksendeanschrift (Straße, Postleitzahl und Ort) beschriftet ist. Die Sendung kann anschließend wieder kodiert und maschinell bis zum Absender bearbeitet werden.
Wünscht der Absender einen physischen Beleg, das die Sendung erfolgreich zugestellt wurde, so kann er diesen für ein Entgelt in Höhe von 5,00 Euro anfordern. Diese Sendung wird als Postsache-Nachnahmesendung zugeschickt. Beim Anfordern dieses Beleges bei der Geschäftskundenhotline herrschte allerdings erst einmal Ratlosigkeit vor, man kannte das Produkt Alterssichtprüfung überhaupt nicht. Nach hartnäckigen Nachfragen wurde man zu einer anderen Stelle weiterverbunden, die das Produkt aber auch nicht kannte. Die Dame versuchte dann aber die Sendungsnummer im Computer zu erfassen und hatte ein „Aha-Erlebnis“, denn die Daten waren vorhanden. Der gewünschte physische Beleg ASP (Alterssichtprüfung) konnte beauftragt werden. Der Inhalt besteht aus zwei Seiten, einem Schreiben mit Nachnahmevermerk und einem separaten mit der Kopie des Scans des internen Beleges. Zusätzlich erhält man für den gezahlten Nachnahmebetrag noch eine Quittung.
Resümee
In einer Presseanfrage wurden verschiedene Fragen gestellt, leider verpasste die Deutsche Post AG ihre Chance, das Produkt gut vorzustellen. Es gab nur eine dürftige Standardantwort zum Produkt. Auch eine Befragung von verschiedenen Zustellern ergab, das mache zumindest mal kurz bezüglich des Produktes informiert wurden, anderen wegen der Urlaubszeit keine Infos erhielten. Scheinbar wurden die Kundenhotlinemitarbeiter auch nicht alle über das neue Produkt informiert, wie der eigene Versuch zur Anforderung eines physischen Beleges ergab. Dies führte dazu, das entsprechende Sendungen teilweise ohne Prüfung einfach in den Briefkasten geworfen wurden. Das Produkt selbst ist schon interessant, den eine Bekannte meinte, sie könnte nun endlich ihre Horror-CD unter Einhaltung des Jugendschutzgesetzes bei ebay verkaufen. Am ehesten sinnvoll dürfte das Produkt bei Briefen, Bücher- und Warensendungen sein. Das es auch für die Versandoption Postkarten zugelassen ist, ist für den Autor nicht nachvollziehbar, denn was sollte bei einer Postkarte gegen den Jugendschutz verstoßen?. Die Kombination DVD-Versand und Alterssichtprüfung ist sinnvoll, man findet diese Versandart „DVD-Versand“ allerdings in keinem Gebührenheft. Es handelt sich hier scheinbar nur um eine Option für Großkunden. Wer kann dazu entsprechende Belege vorlegen? Wie häufig dieses Produkt genutzt wird, wird die Zukunft zeigen. Weiter zeigt der Artikel, das auch bei moderner Postgeschichte noch etliche interessante Fragen zu klären sind.