Der Pilotversuch „Zustellnachweis“
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 472 - Oktober 2016)
In der Septemberausgabe 2015 der philatelie wurde über einen Pilotversuch „TrackNow“-Label der deutschen Post AG berichtet. Hier wurde im Sommer 2015 für kurze Zeit erstmals eine Sendungsverfolgung Inland getestet. Weshalb dieser Versuch schnell und ohne weitere Angaben eingestellt wurde, ist bis bis heute nicht veröffentlicht worden. Bedingt durch die ersten Infos zum neuen Pilotversuch „Zustellnachweis“, der seit dem November 2015 läuft, erscheint nun alles im neuen Licht. Zwar hält sich die Deutsche Post AG leider auch hier sehr bedeckt und will keine Details nennen, aber aus einem Artikel einer Infozeitung der Post unter dem Stichwort „Innovationen“, die der Autor von einem Sammler erhalten hat, lässt sich doch einiges herleiten. Der folgende Artikel soll Sie über die bisherigen Kenntnisse informieren und gleichzeitig aufrufen, weitere Entdeckungen dieser Versendungsform zur Auswertung zu melden.
Einführung
Für Amazon sind Prime-Mitglieder eine wichtige Kundengruppe. Im Frühjahr 2015 gab die Amazon-Zentrale in Seattle die Weisung an alle Ländervertretungen heraus, das der jeweilige Postdienstleister alle Prime-Sendungen „trackbar“ anbieten muss. „Trackbar“ bedeutet, es muß eine wie auch immer geartete Mindestsendungsverfolgung gewährleistet sein. Da das Postvolumen dieser Primesendungen einen Umsatz von zehn Millionen Euro sichert, war die Deutsche Post AG zur Sicherung dieses Umsatzes genotigt, eine passende Lösung für den Kunden Amazon anzubieten. Diese Sendungsverfolgung wird aber nicht nur in diesem Fall, sondern auch in anderen Fällen - vorwiegend im Onlinehandel - für eine gute Kundenbindung immer wichtiger. Dieser Hintergrund dürfte die Ursache dafür gewesen sein, das man als erstes diese „TrackNow“-Label ins Spiel gebracht hat. Chronologisch passt diese These zu den bisher bekannten Vorgängen. Allerdings dürfte die aufwendigere Handhabung bei der Post und der Preis von knapp einem Euro zusätzlich für den Großkunden Amazon zu teuer gewesen sein. Der „TrackNow“-Label-Ansatz wurde daher vermutlich schnell verworfen und nicht weiter verfolgt.
Die Masse der Sendungen von Amazon werden mittels Adressaufklebern mit integrierter DV-Freimachung frankiert.
Diese Versendungsform enthält außerdem schon seit etlichen Jahren einen unverschlüsselten Matrixcode als Bestandteil der Frankierung. Er kann mit der Software „BC-Tester“ ausgelesen werden.
Dieser Matrixcode bietet noch viel Platz für weitere Zusatzinformationen. Daher bot es sich an, diese DV-Freimachung leicht zu modifizieren, um den gewünschten Anforderungen gerecht zu werden. Weiter gibt es ja schon einige Jahre die Zusatzoption „Premiumadress“, die frühere Vorausverfügung (siehe philatelie 355, Januar 2007). Diese Zusatzoption besteht links aus ein großen „P“ und rechts befindet sich ein Matrixcode, alles ist maschinenlesbar. Je nach Frankierung ist dieser Premiumadress-Matrixcode eine separate zusätzliche Matrix unabhängig von der Freimachung oder die Informationen sind bei bestimmten Freimachungsarten in die dort bestehende Matrix integriert. Dies ist bei Frankit, der DV-Freimachung und teilweise beim Postzeitungsversand der Fall.
Dort findet man beispielsweise Pressesendungen oder Postvertriebsstücke mit integrierter Premiumadressfunktion, hier allerdings mit extrem großen Matrixcode. Ist eine Premiumadresssendung nicht zustellbar, gibt es standardisierte und etablierte Bearbeitungsprozesse, wie damit weiter umzugehen ist. Es bot sich daher an, diese schon vorhandenen Ansätze geschickt zu modifizieren und kombinieren, um eine kostengünstige Lösung für alle Beteiligten zu erhalten.
Als Ergebnis kam die neue Zusatzleistung „Zustellnachweis“ heraus, der zum 1. November als Pilot startete. Laut einer aktuellen Presseanfrage vor einigen Tagen befindet sich diese neue Zusatzleistung immer noch im Pilotbetrieb, nicht nur mit dem bisher bekannten Kunden Amazon. Die dürre Antwort der Post lautet: „Da sich der Service derzeit noch in der Erprobung hinsichtlich seiner Produktmerkmale und stabiler Prozesse befindet, will die Post derzeit keine weiteren Details nennen". Die einzelnen Produktkomponenten werden sich im Verlaufe des Piloten auf Basis des Kundenfeedbacks mit Sicherheit noch einmal verändern. Sobald der Service als Regelprozess eingeführt wird, will die Deutsche Post natürlich rechtzeitig Auskunft über alle erforderlichen Details nennen. Lassen wir uns überraschen, ob dies tatsächlich eintrifft.
Der Pilotversuch Zustellnachweis
Anfang 2016 erhielt der Autor eine Anfrage von Herrn Grumpe zu einer DV-Freimachung mit einem für ihn nicht erklärbaren Entgelt in Höhe von 1,85 Euro. Der Scan des Belegs und die Auslesung des Matrixcodes über die Software „BC-Tester“ ergab unter anderem das die Sendung am 19.11.2015 verschickt wurde und ein Entgelt von 1,85 Euro hatte. Leider war der verschickte Inhalt, der eventuell weitere Rückschlüsse auf die Sendungsart hätte geben können, nicht bekannt. Im März erhielt der Autor dann beim Treffen der Post- und Absenderfreistempelsammler in Hosenfeld eine Kopie eines Artikels aus einer Postzeitung für Kunden. Dort wurde auf Seite 13 unter dem Stichwort „Innovationen“ erstmals über den „Pilot - Zustellnachweis für Briefsendungen“ berichtet und ein Muster gezeigt. Zwar enthält dieses Muster links von der Anschrift ein großes „H“, das im Muster gezeigte Porto beträgt hier allerdings 2,35 Euro. Aus dem Artikel geht weiter hervor,daß das „H“ deutlich die Briefsendung mit Zustellnachweis kennzeichnen soll.
Dort wird der Versuchsprozeß auch kurz skizziert. Stationen sind die Einlieferung, die Vorsortierung im Eingangs-BZ, der Transport zum Ziel-BZ, der Scan in der GSA des Ziel-BZ, die Zustellung, gegebenenfalls das Ausscannen unzustellbarer Sendungen und unabhängig davon eine Qualitätsmessung und Auswertung der Daten.
Dieser zusätzliche Service kostet 40 Cent je Sendung, die Gesamtsumme des Entgelts beträgt also 1,85 Euro (Großbrief 1,45 + 0,40 Zustellnachweis).
Was mit den Sendungen verschickt wurde, ist bisher noch nicht alles bekannt. Nach einigen Tests bei Amazonbestellungen, konnte bisher festgestellt werden, daß beispielsweise Amazon-Gutscheine von Prime-Kunden mit diesem Service verschickt werden. Ein befreundeter Sammler, hat dem Autor einen entsprechenden Umschlag besorgt. Dieser ist 23,4 mal 18 Zentimeter groß. Auf der Rückseite klebt ein Strichcodelabel von Amazon.
Darüber versetzt klebt das 10,1 mal 15,2 Zentimeter große Adresslabel mit integrierter DV-Freimachung und links davon sieht man das große „H“.
Wie bei DV-Freimachungen üblich ist neben der Kennzeichnung „DV“ noch der Versandmonat „07“ in Klarschrift zu lesen. Das genaue Datum kann man nur über das Auslesen des Matrixcodes gewinnen, es lautet 7. Juli 2016. Es folgt das Entgelt, hier 1,85 Euro. Weiter ist unter dem Wort Deutsche Post und dem Postlogo noch in größerer Schrift „Zustellnachweis“ angebracht. Rechts folgt zum Abschluß der Matrixcode. Er hat eine Große von 26 mal 26 Punkten.
Da die Post leider nicht sehr informationsfreudig ist, ruft der Autor mit diesem Artikel die Sammler zur Mithilfe und weiteren Analyse dieser Zusatzleistung auf. Sammler, die gleichzeitig Amazon-Kunden sind, werden daher gebeten, mitzuteilen, welchen Inhalt Sie mit dieser Versendungsform erhalten haben. Achten Sie bitte auch auf andere DV-Freimachungen, von Onlineversandhändlern, beispielsweise aus dem Buchbereich, ob auch hier entsprechend gekennzeichnete Sendungen auftauchen und wenn ja von welchen Absendern und mit welchen Entgelt, denn es dürfte nicht nur bei Großbriefen mit dieser Zusatzleistung bleiben. Die entsprechenden Versuche könnten auch regional auf bestimmte Briefzentren begrenzt sein.
Resümee
Im Vergleich zu früheren Zeiten ist die Post heute bei neuen Pilotversuchen sehr geheimnisvoll und wenig auskunftsfreudig. Oft wird nur das verklausuliert zugegeben, was man tatsächlich beweisen kann, ohne im positiven Sinne diese Plattform zu nutzen, das neue Produkt durch Faktennennung kostenlos vorzustellen. Stattdessen wird nachher mit mehr oder weniger großem Werbeaufwand das Produkt angepriesen. Ob dies für eine schnelle Produkteinführung förderlich ist, darf bezweifelt werden. Aus diesem Grunde ergeht daher hier vom Autor nochmals der Aufruf, durch möglichst viele Meldungen die Fakten schneller zusammen zutragen, als die Post diese bekannt gibt, um die Ergebnisse in philatelistischen Foren und hier vorstellen zu können.