Privatpost: Postzustellungsaufträge

 

(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 524 - Februar 2021)

Teilausschnitt der Rückseite eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label eines Privatpostdienstleister, der über den WAZ Postservice am 19. November 2009 eingeliefert und laut Datum von der Vorderseite am 20. November zugestellt wurde
Teilausschnitt der Rückseite eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label eines Privatpostdienstleister, der über den WAZ Postservice am 19. November 2009 eingeliefert und laut Datum von der Vorderseite am 20. November zugestellt wurde

In der philatelie 473 (November 2016) wurde über die Einführung der Umsatzsteuer bei Postzustellungsaufträgen zum 1. September 2016 berichtet. Nun erschien vor wenigen Monaten in der Wirtschaftswoche 29 vom 10. Juli 2020 ein interessanter Artikel mit der Überschrift „Brief vom Gerichtshof“. Darin wurde darüber berichtet, das der Ulmer Insolvenzverwalter Michael Winterhoff im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Postdienstleisters „Direktexpress“ nach mehreren Jahren vor Gericht in einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg klären lies, ob Postzustellungsaufträge tatsächlich mehrwertsteuerpflichtig sind oder nicht. Der europäische Gerichtshof kam zum Urteil, das die förmliche Zustellung von Schriftstücken von Gerichten und Behörden grundsätzlich von der Umsatzsteuer zu befreien ist.

Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label für PZA von der Bieberpost, der am 6. Juli 2005 zugestellt wurde
Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label für PZA von der Bieberpost, der am 6. Juli 2005 zugestellt wurde

Dieses Urteil hat eine gewisse Sprengkraft, die hinter den Kulissen derzeit noch geklärt wird. Nach dem Urteil ist die Erhebung von Umsatzsteuer der Deutschen Post AG nicht zulässig. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Postdienstleistung wieder von der Mehrwertsteuer befreit wird. Diese Versendungsform könnte dann wieder viel einfacher mit Briefmarken frankiert werden, ohne das hier nun jedes mal eine zusätzliche Einlieferungsliste zur Abführung der Umsatzsteuer nötig wäre. Wie dies bei Privatpostdienstleistern dann aussehen würde, ist eine weitere interessante Fragestellung für die nahe Zukunft.

 

Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie funktioniert überhaupt die Praxis der Postzustellungsaufträge bei Privatpostdienstleistern beziehungsweise welche Spuren sind hier derzeit bekannt. Im folgenden Artikel sollen daher bisher bekannte Spuren dieser Versendungsform, die von Privatpostdienstleistern zugestellt wurden oder durch deren Hände gelaufen sind, näher betrachtet werden.

 

Einführung

 

Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben müssen Privatpostdienstleister dieselben Formulare beziehungsweise gelben Umschläge nutzen, wie die Kunden, die diese über die Deutsche Post AG befördern lassen. Prinzipiell gibt es hier also auch äußere und innere Umschläge.

 Innenumschlag eines Postzustellungsauftrags vom Landgericht Berlin, das am 20. Juli 2004 über die Pin AG zugestellt wurde
Innenumschlag eines Postzustellungsauftrags vom Landgericht Berlin, das am 20. Juli 2004 über die Pin AG zugestellt wurde

Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der Rückmeldungen der vollzogenen Zustellungsurkunden, scheint es aber doch deutlichere Unterschiede zu geben.

 

Bezüglich der Preise, die die privaten Dienstleister für diese Versendungsform verlangen, gibt es so gut wie keine Spuren. Vereinzelt wurden oder werden hier bei dem einen oder anderen Dienstleister mal Kosten genannt. Oft handelt es sich aber um individuelle Verträge und Absprachen, je nach Menge und Randbedingungen, wie abholen beim Kunden oder nicht und weiterer individueller Absprachen. Da dem Autor hier auch bisher keine Umschläge bekannt sind, die mit Briefmarken von Privatpostdienstleistern frankiert wurden oder bei denen das aufgeklebte Label oder der aufgespritzte Strichcode Preisangaben liefert, sind hierzu im Vergleich zur Deutschen Post AG keine verwertbaren Angaben vorhanden.

 

Weiter scheint es selten zu sein, dass überhaupt äußere Umschläge genutzt werden, so wie dies normalerweise bei der Deutschen Post AG die Regel ist, zumindest findet man bisher fast keine Spuren diesbezüglich. Es gibt allerdings diverse Aussagen von Sammlern oder vereinzelten Nutzern dieser Dienstleistung, das nur die sogenannten inneren Umschläge im eigenen Zustellbereich genutzt werden. Dies dürfte daran liegen, das die Organisationsstruktur bei der Zustellung teilweise unterschiedlich ist.

Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags vom Amtsgericht Heilbronn, aufgeliefert vom Privatpostdienstleister Regio Mail aus dem P2 Verbund am 23. Juli 2015, frankiert mit dessen Frankitmaschine
Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags vom Amtsgericht Heilbronn, aufgeliefert vom Privatpostdienstleister Regio Mail aus dem P2 Verbund am 23. Juli 2015, frankiert mit dessen Frankitmaschine

Bei der gelben Post gibt es immer entsprechende Zustellstützpunkte, von denen die Briefträger aus zu ihren Touren starten. Je nach Privatpostdienstleister existiert aber teilweise eine andere Logistik ohne diese Zustellstützpunkte. Zustellungsurkunden, die der Privatpostdienstleister selbst nicht in seinem Zustellbereich zustellen kann wurden fast nie an Kooperationspartner weitergereicht, sondern scheinbar immer bei der Deutschen Post AG selbst eingeliefert. Diese Fakten liefern schon erste Aussagen, was man überhaupt finden kann. Echt gelaufene äußere Umschläge von Privatpostdienstleistern sind daher handverlesen. Dem Autor selbst sind nur einige wenige Fälle bekannt.

 

Etwas häufiger sind die inneren Umschläge mit entsprechenden Privatpostaufklebern oder Stempeln mit Strichcode zu finden. Da die inneren Umschläge aber beim Empfänger landen, der diese dann für einen Sammler aufheben müsste, wird schnell deutlich, das auch diese Varianten nicht gerade sehr häufig sind. Dem Autor sind nur wenige Fälle bekannt.

 

Äußere Umschläge, die von einem Kunden an einen Privatpostdienstleister übergeben wurden und dort dann überklebt oder mit Privatpostlabeln versehen weiter an die Deutsche Post AG geleitet wurden, sind auch sehr selten. Diese wurden dann in der Regel mit Absenderfreistempelmaschinen des Privatpostdienstleisters frankiert und die Deutsche Post AG hat diese zugestellt.

Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags vom Amtsgericht Senftenberg, aufgeliefert vom Lausitzer Kurier aus Cottbus am 12. April 2005 und frankiert mit dessen Absenderfreistempelmaschine
Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags vom Amtsgericht Senftenberg, aufgeliefert vom Lausitzer Kurier aus Cottbus am 12. April 2005 und frankiert mit dessen Absenderfreistempelmaschine

Äußere Umschläge, die nur einen Freimachungsvermerk (in der Regel Absenderfreistempel) von einem Privatpostdienstleister enthalten, sind noch am häufigsten zu finden. Manchmal wurden die Postzustellungsurkunden aber auch Konsolidierern übergeben oder über das eigene Konsolidierersystem weitergeleitet.

Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags, übergeben an den Konsolidierer Williams Lea Inhouse Solutions GmbH (eine deutsche Posttochter) mit der K-4000 Kennung und frankiert am 3. September 2009 mit dem Sondertarif 2,19 Euro für eine Mindesteinlieferungsmenge ab 72.000 Sendungen im Jahr
Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags, übergeben an den Konsolidierer Williams Lea Inhouse Solutions GmbH (eine deutsche Posttochter) mit der K-4000 Kennung und frankiert am 3. September 2009 mit dem Sondertarif 2,19 Euro für eine Mindesteinlieferungsmenge ab 72.000 Sendungen im Jahr

Da es bezüglich der Qualität der Zustellung öfters Probleme gab und gibt und dem inneren Umschlag nicht immer eindeutig zuordenbar ist, über welchen Dienstleister er befördert wurde, hat die Deutsche Post AG eine Verfügung erlassen, das die inneren Umschläge, die über die Deutsche Post zugestellt wurden, eindeutig mit einen Aufkleber „Deutsche Post AG“ oder „zugestellt durch die Deutsche Post AG“ oder einen entsprechenden Stempelabschlag des Zustellstützpunktes zu kennzeichnen sind.

Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem extra Aufkleber „Deutsche Post“ zur Kennzeichnung, das diese nicht über die Privatpost sondern durch die Deutsche Post zugestellt wurde
Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem extra Aufkleber „Deutsche Post“ zur Kennzeichnung, das diese nicht über die Privatpost sondern durch die Deutsche Post zugestellt wurde

 

Äußere Umschläge

 

Dem Autor sind hier bisher nur zwei Fälle bekannt, bei dem ein äußerer Umschlag tatsächlich innerhalb der Privatpost genutzt wurden. Der erste Fall ist die anfangs erwähnte Firma Direktexpress, der zweite Fall ist die Pin AG, bei der dies vermutlich auch heute noch so vorkommen dürfte.

Außenumschlag für drei Postzustellungsaufträge an die Pin AG mit einen Stempel vom Pin Schop in der Brückenstr. 5 – 6 in 10179 Berlin vom 19. November 2003
Außenumschlag für drei Postzustellungsaufträge an die Pin AG mit einen Stempel vom Pin Schop in der Brückenstr. 5 – 6 in 10179 Berlin vom 19. November 2003

Während im ersten Fall, bezüglich des dazugehörigen Innenumschlags keine Erkenntnisse vorliegen, gibt es bezüglich der Pin AG verschiedene Spuren, näheres dazu aber unten. Am häufigsten zu finden sind äußere Umschläge, die mittels eines entsprechenden Absenderfreistempels des beauftragten Privatpostdienstleisters frei gemacht und der Deutschen Post AG übergeben wurden. Hier findet man viele verschiedene Abschläge aus unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichen Portostufen, die es im Laufe der Jahre gegeben hat. Belege mit reduzierten Portostufen, aufgrund von Mengenverträgen, sind allerdings selten zu finden. Vereinzelt findet man auch äußere Umschläge, bei denen vom Kunden im voraus angebrachte Label oder Aufdrucke überklebt wurden, um diese dann mit dem Absenderfreistempel des Privatpostdienstleisters zu frankieren.

Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags, eingeliefert über den Privatpostdienstleister Frankenbrief, dessen Label mit Strichcode überklebt wurde, da er diese Sendung selbst nicht zustellen konnte und diese der Deutschen Post AG übergeben hat, frankiert mit dessen Absenderfreistempel am 12. Oktober 2005
Frankierausschnitt eines Postzustellungsauftrags, eingeliefert über den Privatpostdienstleister Frankenbrief, dessen Label mit Strichcode überklebt wurde, da er diese Sendung selbst nicht zustellen konnte und diese der Deutschen Post AG übergeben hat, frankiert mit dessen Absenderfreistempel am 12. Oktober 2005

Interessant ist ein Fall von Postmodern Dresden, die zeitweilig statt ihres Absenderfreistempels Internetmarken benutzt haben. Nachweisbar ist dies dadurch, das es verschiedene Absender aus Dresden gibt, aber das die Kennung der Internetmarke immer identisch ist.

Außenumschlag eines Postzustellungsauftrags vom Mess und Eichwesen in Dresden, übergeben an Postmodern, dessen Stichcodeaufkleber überklebt wurde (hier aus Abbildungszwecken vorsichtig entfernt und darüber plaziert), frankiert mit einer Internetmarke durch den Privatpostdienstleister Postmodern Dresden im Jahr 2018
Außenumschlag eines Postzustellungsauftrags vom Mess und Eichwesen in Dresden, übergeben an Postmodern, dessen Stichcodeaufkleber überklebt wurde (hier aus Abbildungszwecken vorsichtig entfernt und darüber plaziert), frankiert mit einer Internetmarke durch den Privatpostdienstleister Postmodern Dresden im Jahr 2018

 

Innere Umschläge

 

Bezüglich der inneren Umschläge gibt es schon eine gewisse Vielfalt an Varianten. Teils befindet sich auf der Vorderseite eine spezielle Kennung (Beispiel BW Post – Label),

Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label der BW Post vom 16. November 2015, der am nächsten Tag, den 17. November zugestellt wurde
Teilausschnitt eines Innenumschlags eines Postzustellungsauftrags mit einem Label der BW Post vom 16. November 2015, der am nächsten Tag, den 17. November zugestellt wurde

teils befinden sich sowohl auf der Vorderseite als auch der Rückseite postgeschichtliche Spuren (Beispiel Nordkurier – vorne Label, hinten AFS),

Teilausschnitt eines Innenumschlags (Montage) – vorne mit Strichcodelabel PZA und Zustelldatum 19. Oktober 2006, hinten ein umgerüsteter Absenderfreistempel mit dem Abgangsvermerk vom Nordkurier vom 18. Oktober 2006 und als Werbung der tatsächliche Absender Amtsgericht Neustrelitz
Teilausschnitt eines Innenumschlags (Montage) – vorne mit Strichcodelabel PZA und Zustelldatum 19. Oktober 2006, hinten ein umgerüsteter Absenderfreistempel mit dem Abgangsvermerk vom Nordkurier vom 18. Oktober 2006 und als Werbung der tatsächliche Absender Amtsgericht Neustrelitz

teils findet man aber auch nur auf der Rückseite Spuren (Beispiel Turbopost nur Label ohne Hinweis PZA hinten).

 

Bezüglich der Weiterleitung über einen Kooperationspartner innerhalb des jeweiligen Privatpostverbundes liegt dem Autor bisher nur ein einziger bekannter Fall als Farbscan vor. Hier wurde von MZZ eine Sendung an die Biberpost weitergeleitet und dort auch zugestellt. Die genutzten Label der Privatpostfirmen haben sich natürlich im Laufe der Jahre immer mal wieder geändert. Dies ist zumindest im einen oder anderen Fall wie bei der Pin AG oder der Biber Post nachweisbar. In anderen Fällen muss man froh sein, überhaupt einen entsprechenden Beleg gefunden zu haben.

 

Label und Stempel

 

Vereinzelt kann man aber auch Spuren auf Einschreiben von Privatpostdienstleistern finden. Diese habe oft mehr oder weniger universelle Stempel und oder Label konzeptioniert, die je nach ankreuzen, den entsprechenden Fall abdecken sollten. Man hat nun bei Einschreibstempeln oder Labeln oft noch die Versandoption PZA mit dazugenommen. Wenn es sich dabei um Label gehandelt hat, verfügen diese oft über einen Strichcodeaufkleber. Dieser diente dann je nach Kreuz entweder zur Sendungsverfolgung eines Einschreibens oder alternativ zur Sendungsverfolgung eines Postzustellungsauftrages. Teilweise kann man diese auch einfach einem bestimmten Privatpostdienstleister zuordnen, manchmal ist dies nur einem Heimatsammler möglich.

Teilausschnitt eines Labels eines Privatpostdienstleisters für Einschreiben und PZA, hier allerdings nicht als PZA genutzt sondern als Einwurf-Einschreiben
Teilausschnitt eines Labels eines Privatpostdienstleisters für Einschreiben und PZA, hier allerdings nicht als PZA genutzt sondern als Einwurf-Einschreiben

 

Resümee

 

Wie man diesem Artikel entnehmen kann, gibt es also bei moderner Philatelie und Postgeschichte aus den letzten zwanzig Jahren noch viele interessante Dinge zu erforschen und man kann ohne großen finanziellen Aufwand eine schöne kleine Sammlung zusammentragen oder sogar ein Einrahmenobjekt aufbauen, beispielsweise über Postzustellungsaufträge bei Privatpostdienstleistern. Leider dokumentieren die Postunternehmen, egal ob gelbe Post oder Privatpost diese Entwicklungen nicht. Helfen Sie also mit, zum einen die bisher nicht bekannten Lücken der Frankaturvarianten und deren Label oder Stempelvermerke nachzuweisen, mit Frühdatenbelegen den Nachweis der Einführung zu bringen und die fehlenden Prospekte und Postunterlagen des Dienstleisters aufzutreiben, beispielsweise beim Ortsgericht ihres Wohnortes.