20 Jahre Paketzentren der Deutschen Post AG

(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 453 - März 2015)

  Innenseite der Klappkarte anläßlich der Eröffnung des heutigen Paketzentrums Nohra (PZ 99 - damals noch Frachtpostzentrum Ulla genannt)

 

Am 26. Mai 1994 wurde in Hagen-Fley das erste von 33 neuen Paketzentren eingeweiht. Schon ein Jahr später wurde das letzte der 33 neuen Paketzentren am 29. Juni 1995 eröffnet. Aufgrund des stark steigenden Internethandels und des damit deutlich steigenden Päckchen- und Paketvolumens, wurden 2011 erste Tests zur Steigerung der Kapazitäten der Paketzentren durchgeführt. Diese mündeten in ein „Paketkonzept 2012“, das sich derzeit im Umsetzung befindet. Aus diesen Gründen bietet es sich an, zuerst einmal auf die letzten 20 Jahre Paketzentren zurück zu blicken und diese unter phliatelistischen und postgeschichtlichen Aspekten näher zu beleuchten. Die teilweise im Rahmen des Paketkonzeptes 2012 schon erfolgten Änderungen im Prozeßablauf werden dabei aber noch nicht berücksichtigt.

 

Einführung

 

1992 wurden die Deutsche Post AG im Rahmen der Postreform in vier „Sparten“ aufgeteilt, eine davon war die Frachtpost. Um sich dabei dem zukünftigen Wettbewerb zu stellen, wurde dieser Frachtpostbereich genauso wie der Briefbereich grundlegend modernisiert. Dazu wurden in den Jahren 1994 bis 1995 insgesamt 33 neue Paketzentren auf der grünen Wiese errichtet. Anfangs hießen diese noch Frachtpostzentrum (FZ), später wurden sie in Paketzentrum (PZ) umbenannt.

 

Zusätzlich wurden fünf dieser Paketzentren durch eine internationale Frachtpoststation (IFS) als Auswechslungspostämter für Pakete ergänzt (Hannover, Köln, Radefeld (Leipzig), Feucht (Nürnberg), Speyer). 1997 folgte zur Vervollständigung die Internationale Seepoststation (ISPS - Hamburg), 1998 das internationale Postzentrum (IPZ - Frankfurt), das für den Briefbereich aber auch den Paketbereich (Luftpostpakete) als Auswechslungspostamt tätig wurde.

In diesen Paketzentren werden dicke Sachen wie schwere Briefe, Büchersendungen, Warensendungen, Postgut, Päckchen, Pakete, Infopost schwer und Sperrgut bearbeitet. Anfang 2014 wurde der bisherige Sendungsstrom von Bücher- und Warensendungen aus Auslastungsgründen wieder an die Briefzentren zurück gegeben.

Ähnlich wie beim Briefkonzept 2000 gibt es hier immer zwei Paketzentren durch die die jeweilige Sendung läuft. Entweder geht es vom Absender (Großkunde) direkt zum Paketzentrum oder über die Postfiliale und Packstation zum Abgangs-Paketzentrum. Dort wird es auf eines der 32 anderen Eingangs-Paketzentren verteilt und anschließend transportiert. Vom Eingangs-Paketzentren wird es entweder direkt zum Empfänger befördert oder über sogenannte „Zustellbasen“ an Briefzustellstützpunkte für die Verbundzustellung weitergeleitet oder direkt zum Empfänger befördert.

 

In dieser Grafik sehen Sie das Zeitfenster in dem diese Prozesse in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme stattfinden sollten

 

Die Paketzentren sind alle gleich aufgebaut. Es handelt sich um ein U-förmiges Gebäude, das je nach Durchsatz bezüglich der beiden Schenkel nur kürzer oder länger ist.

 

Luftbild vom Paketzentrum Saulheim auf der Aussenseite einer Klappkarte, anläßlich des Tages der offenen Tür im April 2004

 

Dazu wurden die Paketzentren im Jahr 1994 mit der neuesten Technik ausgestattet. Auf der kurzen Seite werden die Sendungen ausgeladen und teils noch mit ergänzenden Labeln wie dem Leitcodelabel versehen.

 

Über Vorsorter und Hauptsorter gelangen die Pakete dann zu den jeweiligen Endstellen.

 

Zur Steuerung dieser Technik wurden entsprechende Barcodelabel (Identcodelabel) eingeführt, die die bisherigen Paketnummernzettel ersetzt haben. Außerdem wurden Leitcodelabel benötigt, um eine möglichst automatisierte Sortierung zu ermöglichen.

 

 

Diese Änderungen haben auf den postalischen Sendungen entsprechende postgeschichtliche Spuren hinterlassen, die in den nächsten Abschnitten ausführlicher behandelt werden.

 

Poststempel

 

Aufgrund des Konzeptes und der zu bearbeitenden Sendungsströme werden dort keine Sendungen mit Stempeln entwertet. Sendungen wie Päckchen oder Büchersendungen, die auch mit Briefmarken frei gemacht werden können, sollten entweder am Schalter, an dem sie aufgeliefert wurden oder im Briefzentrum, in dem sie für das Paketzentrum aussortiert wurden, gestempelt werden. Wurde dies vergessen, gibt es im PZ keine Möglichkeit mehr, diese nachträglich zu entwerten. Es gibt daher im Gegensatz zu den Briefzentren keine Poststempel mit Angabe „Paketzentrum xy“ zur Entwertung von Postwertzeichen. Im Laufe der Jahre kam es aber zu mindestens einer Ausnahme. Im Paketzentrum 33 wurde für dortige eigene abgehende normale Briefpost ein normaler Tagesstempel mit der Beschriftung „Paketzentrum“ und PLZ 33699 mit dem UB „a“ angeschafft.

 

Weiter wurde dem Autor vor kurzen noch eine Kopie gemailt, auf der sogar ein entsprechender Handrollstempel als Entwertung zu sehen ist; weitere Ausnahmen sind nicht bekannt. Ausgeklammert wird aber der Bereich Internationale Auswechslungsstellen IFS, ISPS und IPZ, die besondere Tagesstempel hatten.

> dazu ist ein separater Artikel in Vorbereitung - ein Link dazu wird freigeschaltet, sobald er hier vorhanden ist

Anfangs wurde schon erwähnt, das es zur Eröffnung jeweils einen Sonderstempel gab.

Einschreibpäckchen, aufgeben am Eröffnungstag im PZ Greven mit passenden R-Zettel sowie Leitcodelabel

Aussschnitt aus einer Klappkarte vom Eröffnungstag des Paketzentrums Nohra am 20.10.94, das damals noch Frachtpostzentrum ULLA genannt wurde

 

Im Laufe der Jahre gab es weitere Sonderstempel, meistens aus Anlass eines Tages der offenen Tür, aber im Vergleich zu den BZ wesentlich seltener. Eine Gesamtübersicht gibt es leider noch nicht, bitte melden Sie daher Sonderstempel von PZ nach der Eröffnungszeit – danke.

Sonderstempel vom Tag der offenen Tür vom PZ 04 Radefeld (Leipzig)

Sonderstempel vom Tag der offenen Tür vom PZ Rüdersdorf bei Berlin

 

Die meisten Sonderstempel sind vom Paketzentrum 99 Nohra bekannt. Den letzten gab es erst im November 2014 aus Anlaß des 20-jährigen Bestehens.

 Brief mit Sonderstempel anläßlich des 15-jährigen Jubiläums des Paketzentrums 99 (Nohra)

 

 

Strichcodelabel und Formulare mit Strichcode

 

Wie in der Einführung kurz erwähnt, wurden zur Steuerung und automatisierten Sortierung Identcodelabel und Leitcodelabel benötigt. Teils sind diese gleich in entsprechende Formulare oder Adressaufkleber integriert, teils wurden oder werden diese manuell im Abgangspaketzentrum angebracht. Im Laufe der Jahre hat sich hier etliches getan. Bei den Identcodelabel hat sich der obere Teil bezüglich der Beschriftung vielfach geändert. Anfangs stand beipsielsweise Deutsche Post AG Frachtpost, später auch mal Deutsche Post Euro Express oder Deutsche Post World Net Mail Express Logistics Finance, heute findet man die Bezeichnung Deutsche Post DHL. Anfangs enthielten diese Identcodelabel, sofern sie vom jeweiligen Postamt stammten auch eine genaue Ortsangabe wie beispielsweise 57614 Steinmel zz. Es handelte sich hier also um eine Postagentur. Für die Heimatgeschichte lässt sich so das Postamt und die Art des Postamtes dokumentieren.

 

 

Paketausschnitt hier Adressaufkleber mit der Angabe "Deutsche Post Euro Express" über dem Identcode, links Leitcodelabel vom FZ 14 angebracht, rechts Zusatzlabel für Sperrgut (siehe auch grüner Aufkleber "Lang") vom FZ 55

 

Zur Vereinfachung bei der Steuerung und besseren Analyse der Teilsendungsströme wurden zusätzliche Kennzeichungslabel für Büchersendungen, Warensendungen und Päckchen eingeführt, die sich im Laufe der Zeit auch mehrmals im Layout geändert haben. Typisch für diese Label ist, daß sie einen Strichcode enthalten, damit die Scanner in den Paketzentren diese lesen und die entsprechende Software diese auswerten können.

Briefausschnitt einer Warensendung frankiert mit einem Absenderfreistempel am 17. Dezember 1998 und Leitcodelabel aufgebracht im FZ Rodgau - hier gab es noch keine zusätzlichen Label zur Kennzeichnung der Versendungsformen

Briefausschnitt einer Büchersendung, freigemacht mittels DV-Freimachung, im PZ 97 (Kitzingen) damals DHL Express Hug 97 genannt zusätzlich mit einem Kennzeichnungslabel "Bücher / Warensendung" versehen

  

 

Bei den Leitcodelabeln gab es auch vielfältige Änderungen im oberen Teil der Beschriftung: Zu Beginn wurde hier das Kürzel FZ für Frachtpostzentrum benutzt, später PZ für Paketzentrum.

Briefausschnitt einer Postgutsendung, DV-Freimachung vom 25. April 1995 links unten mit passenden Leitcodelabel schon vom Absender dazu gedruckt

Spezieller Hinweislabel für die Frachtpost, daß diese Sendung mit einen neuen Leitcodelabel versehen werden soll

 

Natürlich haben sich auch die Angaben des Namens der Deutschen Post vielfach geändert. Diese Namen und oder Logos spiegelten zur jeweiligen Zeit das entsprechende Selbstbildnis der Deutschen Post dar (beispielsweise Deutsche Post AG, Deutsche Post Euro Express, Deutsche Post World Net Mail Express Logistics Finance, DHL Express). Die Leitcodelabel enthalten ja die Empfänger-PLZ, eine Straßenkennzahl und in Klarschrift auch die Hausnummer. Sie spiegeln so ein Stück Heimatgeschichte wieder, und gehören somit in eine Heimatsammlung.

Retourenpakete waren in den Anfangsjahren noch nicht so weit verbreitet wie heute, obwohl es auch damals schon spezielle Retourenadressaufkleber von großen Versandunternehmen gab. Der Otto-Normalverbraucher hat alternativ die Möglichkeit unfreie Pakete zu versenden. Dazu gibt es entsprechende gelb-schwarze Aufkleber über das einzuziehende Entgelt, anfangs in DM heute in Euro.

Unfreies Paket aus Pforzheim nach Osnabrück noch aus der DM-Zeit, rechts der Identcode, links der Leitcodelabel

 

Paketmarke aus en letzten Jahren für ein Unfreies Paket, hier ist alles gleich in die Paketmarke integriert, rechts der Identcode, in der Mitte der Aufkleber für die Kosten, rechst die Gewichtsangabe, darunter die Option Sperrgut und ganz rechts senkrecht der Strichcode für das Produkt selbst zum Verkauf, der aber nicht mehr zur Paketmarke gehört

 

Die selben Aufkleber nur in grün gibt es für einzuziehende Zollentgelte, anfangs in DM heute in Euro.

Hier ein Vergleich der Aufkleber, oben unfreies Paket aus der DM-Zeit, unten, ein grüner Zollaufkleber für einzuziehenden Zoll aus der Eurozeit

 

Weiter gibt es vielfältige grüne Aufkleber vom Zoll bei Auslandssendungen wie „Zollamtlich abgefertigt“ und der Angabe des entsprechenden Zollamtes. Was vermutlich fast keiner weiß, selbst innerdeutsche Sendungen können beziehungsweise müssen sogar zollamtlich bearbeitet werden. Feldpostsendungen der deutschen Soldaten, die im Ausland ihren Dienst verrichten, müssen nur Inlandsentgelte zahlen. Diese Sendungen werden aber automatisch zollamtlich in Speyer bearbeitet.

Feldpostpäckchen, daß im IFS Speyer zollamtlich behandelt wurde 

 

Wer in Helgoland Urlaub macht und seinen Koffer mit der deutschen Post innerhalb Deutschlands verschickt wird auch zollamtlich kontrolliert, wie die Rückseite eines Kofferanhängers zeigt, der hier abgebildet wird.

Koffer, verschickt mit der Deutschen Post AG von Helgoland nach Eschborn - Rückseite der zwei dazugehörigen Kofferanhänger - auf einem ist der Identcodelabel vom Postamt Helgoland, darüber kopfstehend ein spezieller Sperrgutlabel, auf dem zweiten Anhänger ist kopfstehend der Leitcodelabel beginnend mit der PLZ des Ziels 65760 (Eschborn) sowie ein Zollaufkleber mit Zusatzstempel "Zollamt Helgoland" und Datumsstempel der Bearbeitung 15. August 1995

 

Um den Kunden den Versand zu erleichtern und zu vermeiden daß man Päckchen mit Briefmarken doch entwerten müßte, wurden im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Päckchenmarken und Paketmarken angeboten, jeweils dem aktuellen Stand entsprechend mit passenden Strichcodes für das Produkt oder auch den Identcode, um im Paketzentrum entsprechende Arbeit zu sparen und die Sortierung effektiver vornehmen zu können.

Briefausschnitt eines Paketes freigemacht mit einer Paketmarke über Stampit (PC-Freimachung) mit Identcode, 2-D-Barcode (so nur kurzfristig möglich), rechts senkrecht Strichcode für Produktbezeichnung links Leitcodelabel, ganz rechts senkrecht, Zusatzlabel für Übergabe an die Packstation

 

Natürlich kann es auch vorkommen, daß ein Paket nicht zustellbar ist. Dies führt zu entsprechenden postalischen weiteren Aufklebern und Vermerken diverser Art. Diese Infozettel wurden im Laufe der Zeit auch mit entsprechenden Strichcodes ausgestattet, damit die Sendung in den Paketzentren nicht manuell bearbeitet werden mußten, sondern vollautomatisch sortiert werden konnten.

Retouren-Label für Pakete mit Strichcode

Benachrichtigungslabel für Pakete mit Strichcode

Benachrichtigungslabel für Pakete mit Strichcode

 

 

Resümee

 

20 Jahre Paketzentren auf vier Seiten darstellen, ist nicht so einfach, daher konnte hier einiges nur ansatzweise erwähnt werden wie beispielsweise die internationalen Auswechslungsstellen und deren Besonderheiten. Auch die teils schon umgesetzten Änderungen des neuen Paketkonzeptes 2012 wurden ausgeklammert. Diese werden aber in naher Zukunft ausführlich vorgestellt werden, sobald das neue Paketzentrum Obertshausen, das mit einem Durchsatz von 50.000 Sendungen das größte in Europa werden soll, in Betrieb geht. Derzeit ist es im Bau, das Gebäude ist fertig, die Installation der Technik ist in Vorbereitung beziehungsweise wird eingebaut.

Da es sich bei den Sendungen, die durch die Paketzentren laufen, in der Regel um unförmige Sendungen handelt, werden diese oft weggeworfen oder von Sammlern nicht groß beachtet. Entsprechende Belege mit denen sich die postgeschichtliche Entwicklung der Paketzentren oder der Heimatgeschichte belegen lassen, sind daher selten zu finden. Dies ist schade, denn hier hat sich in den letzten Jahren viel geändert und das eine oder andere davon gehört normalerweise selbstverständlich auch in eine entsprechende Heimatsammlung. Die Hauptfrage dabei ist ja auch, wie soll ich das überhaupt sammeln und aufheben. Eine ganze Paketschachtel zur Dokumentation aufzuheben, ist natürlich nicht möglich. Geeignete Adressausschnitte mit allen zugehörigen Labeln, reichen aus. Aus Platzgründen bietet es sich außerdem an, den Kartonauschnitt weiter zu behandeln, indem man den Karton „spaltet“, sodaß nur die vordere Papierebene übrig bleibt. Somit nimmt dieser entsprechende Adressausschnitt nicht viel mehr Platz weg, als maximal ein Din A4-Papier und dafür müßte ja doch etwas Platz vorhanden sein oder ?