60 Jahre Gebührenhefte der Deutschen Bundespost
(erschienen in philatelie 386 - August 2009)
> Ergänzungen zu diesen Artikel - einige ausgewählte Abbildungen von besonderen DDR-Gebührenheften
Die Bundesrepublik ist 60 Jahre alt geworden. Zwei Jahre zuvor wurde die Bundespost als Nachfolgerin der Reichspost unter der Bezeichnung Deutsche Post gegründet. 1950 erhielt Sie den Namen "Deutsche Bundespost". Bis 1989 war die Deutsche Bundespost eine Behörde. Es folgte die Postreform, die dann zu der heutigen Deutschen Post AG führte. Damit Kunden stets wissen, was wie teuer ist, erschienen in dem genannten Zeitraum in unterschiedlichen Abständen Postgebührenhefte. Wie sich diese im Laufe der Jahre geändert haben und welche Intreessanten postgeschichtlichen Erkenntnisse man diesen unscheinbaren Heften entnehmen kann, soll dieser Artikel aufzeigen.
Schon zu Reichspostzeiten gab es Gebührenhefte. Wann das erste überhaupt erschienen ist, ist bisher nicht bekannt. Eine Suche bei den drei bekanntesten philatelistischen Bibliotheken Deutschlands in München, Frankfurt und Hamburg offenbarte mehr oder weniger große Lücken in den jeweiligen Beständen. Bedingt durch die im Laufe der Jahre unterschiedlichen Bezeichnungen sind die Hefte an unterschiedlichen Stellen gelistet oder gar nicht zu finden. Zusätzliche Flyer, früher auch Faltblätter genannt, die teils sogar ergänzende Informationen enthalten, findet man überhaupt nicht. Wieviele Gebührenhefte und Flyer hat es überhaupt in diesen 60 Jahren gegeben? Es ist schon erstaunlich, dass eine solche wichtige Primärquelle der Deutschen Bundespost doch so stiefmütterlich behandelt wird.
Das Postgebührenhandbuch Deutschland von Michel, erschienen in einer ersten und zweiten Auflage, hilft auch nicht viel weiter. Der Teil ab 1949 wird auf 35, später auf 43 Seiten zusammen geschnitten. Vergleicht man dies mit der Seitenzahl des ersten Gebührenheftes der Bundesrepublik-Ausgabe vom 1. Januar 1949, herausgegeben von der Hauptverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Frankfurt (Main) mit 36 Seiten Inhalt, so drängt sich der Verdacht auf, dass vieles weggelassen wurde.
Eine weitere Möglichkeit sind natürlich die Amtsblätter, - nur wer hat so etwas zu Hause zum Nachschlagen? Außerdem wurden diese ja schon vor etlichen Jahren abgeschafft und durch elektronische Anweisungen ersetzt, die sich nach Ablauf des Verfallsdatums selbst löschen. Es wird also für einen Postgeschichtler oder Portostufensammler immer schwieriger zu prüfen, ob die verklebte Gebühr oder das Entgelt, wie man heutzutage sagt, portogerecht ist. Als Alternative bietet es sich daher an, die Gebührenhefte als Primärquelle zu sammeln, um bei Bedarf das eine oder andere Nachzuschlagen.
Die Gebührenhefte
Während das erste Heft vom 1. Januar 1949 mit Deckblatt und Werbung insgesamt 44 Seiten umfasste, hat das 62. Heft vom 1. Januar 2009 einen Umfang von 108 Seiten. Es enthält also immer viel kompaktes Wissen aus dem jeweiligen Zeitraum der Gültigkeit. Ob das erste Heft kostenlos erhältlich war oder wie zu Reichspostzeiten, beispielsweise bei der Ausgabe 1. November 1940, zehn Reichspfennig kostete, ist bisher nicht bekannt. Beim zweiten Heft vom 1. Januar 1951 war auch noch keine Preisangabe vorhanden. Eine Preisangabe findet man erstmals auf der dritten Ausgabe vom 1. Juli 1954 in Höhe von 20 Pfennig. Dies änderte sich scheinbar erst mit dem Heft vom März 1970. Hier war auf der Vorderseite keine Preisangabe mehr vorhanden.
Allerdings stand in dem Faltblatt zur Änderung am 1. Juli 1972 noch der Hinweis "Wenn Sie vollständig über die neuen Gebührensätze Bescheid wissen wollen, dann kaufen Sie sich am besten unser neues Postgebührenheft. Es ist bei jedem Postamt für 20 Pfennig erhältlich". Im selben Heft findet man aber keinen Hinweis auf die Gebühr von 20 Pfennig. Wie bei Formularen oder anderen Druckerzeugnissen üblich, gibt es fast immer einen Druckvermerk, der unter anderem den Monat und das Jahr sowie teilweise die gedruckte Menge als Information enthält. Aus diesen Daten lässt sich entnehmen, das bis einschließlich der Ausgabe 1. Juli 1967 fast immer eine Auflage von 300 000 Stück gedruckt wurde.
In dieser Auflage sind auch die "unverkäuflichen Dienstexemplare" enthalten, die in der Regel bis auf die Titelseite und den entsprechenden Vermerk statt Verkaufspreis 20 Pfennig den Hinweis unverkäufliches Dienststück enthalten. Danach verdoppeln sich die Auflagen und erreichen in den Folgejahren teils eher die Millionengrenze.
Mit dem Heft vom 1. Juli 1972 erscheint neben dem Druckvermerk erstmals eine sogenannte Materialnummer, die in den folgenden Heften mit sehr wenigen Ausnahmen den Druckvermerk ersetzt. Mit der Ausgabe vom 1. April 1989 ändert sich auch das Format vom bisherigen C6-Format hoch zum Din Lang-Hochformat.
Wieso es von der Ausgabe vom 1. März 1963 eine 2. Auflage gibt, ist dem Verfasser nicht bekannt.
Trotz sorgfälltiger Bearbeitung kann es vereinzelt immer mal wieder zu Druckfehlern kommen. Ob dies der Grund für eine zweite Auflage war?
In einem nachweisbaren Fall wird für das Heft vom 1. Januar 1975 ein gesonderter Zettel mit der Druckfehlerberichtigung hergestellt und wie auch immer verteilt oder ausgelegt.
Zu einem zweiten Fal liegt dem Autor eine mündliche Aussage vor, - genaue Details fehlen aber noch. Wer kennt weitere Druckfehler und oder Beipackzettel zu den Gebührenheften?
Anfangs enthalten die Hefte auch noch die eine oder andere Fremdwerbung, dies ist aber seit etlichen Jahren nicht mehr der Fall. Besonders überraschend ist der Fund von Gebührenheften vom Zollausschlußgebiet Büssingen, herausgegeben von der Bundespost beziehungsweise der Deutschen Post AG. Fünf unterschiedliche Hefte können zur Zeit belegt werden. Es handelt sich dabei um folgende Ausgaben: Oktober 1986, Februar 1992, Februar 1993, Januar 1995 und das bisher letzte vom Februar 1997. Sicherlich dürfte es hier noch viele weitere Hefte gegeben haben. Wer weitere kennt melde sich bitte - danke.
Flyer
Heute nennt man es oft Flyer, früher war es ein Faltblatt. Ergänzend zu den Gebührenheften gibt es schon seit langer Zeit - teils zusätzlich, teils als spezielle Ergänzung entsprechende Faltblätter. Diese sind scheinbar noch seltener aufgehoben worden als die Hefte selbst. Das älteste bisher bekannte Faltblatt der Bundespost stammt vom 1. März 1963.
Weitere 18 Flyer liegen derzeit vor, speziell aus den 90ziger Jahren. Vereinzelt enthalten sie Fremdwerbung. Beispielsweise wirbt der Flyer vom 1. Juli 1972 für die Continentale-Versicherungen. Aber es wird auch für Verständnis geworben, weil die Postgebühren gestiegen sind.
Im Faltblatt vom Juli 1974 steht, das durch ein neues System der Personalbemessung rund 140 Millionen DM und 1976 bereits 280 Millionen eingespart werden sollen. Stünden die Jahreszahlen nicht da und wäre die Währungsangabe in Euro, könnte diese Aussage auch aus dem Jahr 2009 stammen. Eine weitere Aussage lautet "Wennn die Post morgen nicht von gestern sein soll, muß sie heute investieren. Muß sie wirtschaftlich gesunden. Muß sie darüber nachdenken, wie sie ihre Dienstleistungen noch kundengerechter erbringen kann. Nicht durch Service-Verschlechterungen, wie fälschlicherweise so oft behauptet wird, sondern durch eine Ausweitung und Komplettierung ihres Leistungsangebotes. Damit die Kunden zwischen mehreren Möglichkeiten wählen und sich für die kostengünstigste entscheiden können" (klingt ebenfalls aktuell, stammt aber aus dem Jahr 1974!).
Die meisten Faltblätter werden parallel zu einem neuen Gebührenheft herausgegeben. Aber speziell vom 1 Juli 1993 an gibt es aufgrund der teils jährlichen Gebührenänderungen im Frachtbereich - z.B. für Päckchen - nun schon insgesamt fünf Flyer, die zu einem anderen Datum verausgabt werden und als Ergänzung zum bestehenden Heft zu betrachten sind.
Das erste Faltblatt, das zu einem anderen Termin erscheint, stammt vom 1. Juli 1993, das bisher letzte vom 1. Juli 2007. Beim letztgenannten Produkt steht sogar auf der Rückseite "Beilage zu Mat.-Nr. 672-138-000" (dem Serviceheft vom 1. Januar 2007).
Die einmalige Werbeaktion im Frachtbereich für ein Sonderangebot bei den Europapäckchen vom 21. August 2006 bis zum 31. Oktober 2006 werden damit aber leider nicht abgedeckt. In diesem Zeitraum kostete das Europapäckchen statt 8,60 Euro nur 7,90 Euro.
Phiatelistische und postalische Aspekte
Noch spannender als das Äußere der Hefte und Flyer ist aber der sehr ausführliche Inhalt. Wer weiß denn heute noch, dass im ersten Gebührenheft von 1949 auf Seite 20 unter sonstigen Gebühren stand, dass beispielsweise ein normales Formblatt wie eine Paketkarte einen Pfennig gekostet hat. Noch interessanter wäre dazu eine passende Postquittung für die Heimatsammlung mit entsprechendem Poststempel. Diese Gebühr gab es übrigens noch sehr lange im Bereich der DDR. Auf Seite 23 war zu lesen, dass Poststücke bis zehn Kilo, die mit Kraftposten befördert werden, 40 Pfennig kosten. Auf Seite 33 findet man eine Übersicht über die damaligen Postleitgebiete. Man kann diesen Informationen also sehr viel mehr entnehmen, als dies das Postgebührenhandbuch von Michel suggeriert.
Sehr interessant sind aber auch die gelegentlich von der Bundespost erschienenen Postbücher als "Ratgeber für Kunden". Sie enthalten vielfältige Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Bereichen, die man in dem Gebührenheft aus Platzgründen nicht unterbringen konnte. Beispielsweise findet man hier Angaben, in welches Land Auslandswertbriefe zugelassen waren und in welches nicht. Es gibt also sehr viel wieder zu entdecken und zu erforschen, was im Lauf der letzten 60 Jahre verloren gegangen ist oder verdrängt wurde. Natürlich sind diese teils sehr ungewöhnlichen Entgelte schwierig auf postgeschichtlichen Belegen nachzuweisen oder zu dokumentieren.
Hilfe bei der Ergänzung der Daten
Aus Platzgründen kann hier keine Tabelle über die dem Verfasser derezit bekannten 62 Gebührenhefte, 19 Flyer und weitere Quellen zu Entgelten abgebildet werden. Diese Tabelle enthält auch Daten zu DDR-Gebührenheften. Außerdem werden bekannte Übersichtswerke wie MICHEL, Steven und das Postbuch der Bundespost gelistet, sofern bekannt. Für interessierte Sammler kann aber per E-Mail oder als Kopie gegen Kostenersatz in Höhe von 1,50 Euro eine aktuelle Übersicht zugeschickt werden und diese ist zudem auf der Internetseite des BDPh einzusehen und herunterzuladen. Diese Übersicht hatte bei Erstellung einen Umfang von 6 Seiten >der aktuelle Stand sind 7 Seiten. Gleichzeitig sind aber alle Leser herzlich aufgefordert, bei der Vervollständigung und Ergänzung dieser Datensammlung zu helfen. Gesucht werden Daten noch fehlender Gebührenhefte und Flyer, speziell aus den ersten Jahren der Bundesrepublik, der Besatzungszeit, aber auch von der DDR und dem Saarland sowie besonders Informationen und Hefte von dem Zollausschlussgebiet Büsingen am Hochrhein und dem Kleinwalsertal. Außerdem fehlen Gebührenhefte aus dem Saarland, falls es welche gegeben hat ? Interesse besteht aber auch an Kopien von noch fehlenden Exemplaren oder noch besser Orginalen. Diese neuen Informationen werden natürlich in einer aktualisierten Tabelle (hier auf der Webseite zu finden) veröffentlich und auch den Bibliotheken zur Verfügung gestellt. Übringens wird zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon das 63. Gebührenheft mit Stand vom 1. Juli 2009 erschienen sein, also heißt es "Aufgepasst!".
Ergänzungen zu diesem Artikel - einige ausgewählte Abbildungen mit Besonderheiten von DDR Gebührenheften