Profifälschung 155 Cent Josef Beuys
Coautor - Bernd Hanke
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 568 - Oktober 2024)
Mitte Juli 2024 erhielt der Autor während seines Urlaubs eine Mail von einem Briefmarkenhändler mit ersten Infos über ein nicht alltägliches Angebot von mehreren hundert postfrischen 155 Cent Marken Josef Beuys aus dem Jahr 2021. Die Marken verfügten über die beiden Sicherheitselemente UV und die „Seltenen Erden“ (den zusätzlichen Sicherheitsaufdruck). Es gab nur minimale Farbunterschiede. Auffällig war allerdings, das die Marken alle nur einzeln statt als 10er-Bogen geliefert wurden.
Besonders auffällig war aber die von der Rückseite her typische bräunliche Färbung einer Laserperforation, die bisher nur von chinesischen Fälschungen bekannt ist. Eine kurzfristige Zusendung der verdächtigen Marke zur genauen Analyse bestätigte den Verdacht einer extrem guten professionellen Fälschung. Dies ist das dritte Mal, das Fälscher zusätzlich auch mit den zweiten Sicherheitselement „Seltene Erden“ arbeiten.
Der erste Fall war der der Hattinger Brüder (philatelie 491 – Mai 2018). Diese hatten die folgenden vier Marken 60 Cent Kaiserkrone, 70 Cent Schokoladenkossmee, 145 Cent Alte Buchenwälder und 145 Cent Vogelwarte Helgoland mit einer zusätzlichen ganzflächigen Beschichtung der „Seltenen Erden“ versehen. Diese wurden damals in China gedruckt.
Der zweite Fall war die nassklebende Marke 95 Cent U-Bahnstation Marienplatz (philatelie 521 – November 2020), bei der erstmals die „Seltenen Erden“ exakt im selben Muster wie beim Original mit gefälscht wurden. Diese wurden allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit in einer Staatsdruckerei eines ehemaligen Ostblocklandes oder einer ehemaligen russischen Teilrepublik produziert.
Die neue Fälschung weist aufgrund der eindeutigen Laserperforation allerdings wieder auf eine chinesische Fälscherwerkstatt hin. Im folgenden Beitrag wird zuerst kurz über den bisherigen versuchten Vertrieb dieser Fälschung berichtet. Anschließend werden die wenigen Unterschiede, die nur ein geübter Sammler erkennen kann, ausführlich vorgestellt.
Der Vertrieb
Wie schon oben angedeutet, erhielt Anfang Juni ein Händler per Email ein Angebot von mehreren hundert nassklebenden postfrischen Marken zu 155 Cent für 70 Prozent. Da das alles akzeptabel klang, wurde per Mail eine Zusendung vereinbart. Nach Erhalt der Ware und einer erfolgten Begutachtung auf eine mögliche Fälschung kamen dem Händler gewisse Zweifel. Er nahm daher Kontakt mit dem Autor auf und schickte ihm eine Probe zur genauen Prüfung.
Wie das Bauchgefühl des Händlers schon vermuten ließ, waren die Marken tatsächlich falsch. Er wollte die Marken daher nicht kaufen und schickte diese an die angebliche Lieferadresse zurück. Per Mail erhielt er keine Antwort. Nach der Rücksendung an die angebliche Lieferadresse meldete sich aber telefonisch eine nette jüngere Frau und informierte Ihn, das man ihre Daten gestohlen hätte (Identitätsdiebstahl) und nun für unseriöse Geschäfte missbrauche. Die angebliche Mailadresse wäre nicht ihre und die angegebene Kontoverbindung wäre auch nicht von ihr.
Hier wurde also versuchsweise ein erster Test von den Betrügern durchgeführt, um festzustellen, wie gut ihre Fälschung den wäre. Eine telefonische Umfrage bei etlichen anderen Frankaturwarehändlern hat bisher ergeben, das bezüglich dieser Marke noch keine weiteren größeren Mengen aufgetaucht sind. Da die Fälschung aber sehr gut ist, dürften diese eventuell bei der Deutschen Post gar nicht erkannt werden.
Im Fall der Hattinger Brüder hatte der Autor einmal testweise eine echte 70 Cent Schokoladenkossmee und eine gefälschte Marke bezüglich der genutzten „Seltenen Erden“ in einer aufwendigeren Untersuchung an einer Universität auf mögliche Unterschiede prüfen lassen. Dabei konnte festgestellt werden, das die Fälscher damals kein speziellen präparierten „Seltenen Erden“ genutzt hatten, sondern nur relativ einfache polykristallinen Seltenen Erden in ähnlicher Form zum Täuschen einsetzten.
Auch im aktuellen Fall wird vermutet, das hier mit einfachen polykristallinen Seltenen Erden gearbeitet worden sein könnte. Eine exakte Überprüfung dieser Art ist aber leider nicht ganz billig, daher wurde diese nicht durchgeführt.
Die Druckdetails
Beginnen wir mit dem Papier. Hier sind oberflächlich ohne ein Mikroskop keine Unterschiede erkennbar, Nur unter einem Mikroskop lassen sich etwas andere Faserstrukturen erkennen. Das Gewicht einer Marke (0,122 Gramm) sowie dessen Dicke ( 0,88 Millimeter) sind identisch. Da das Motiv selbst wenig Farbflächen besitzt, die oft auch ungerastert gedruckt wurden, sind entsprechende Unterscheidungsmerkmale diesmal nicht so einfach zu finden.
Das einfachste Merkmal ist die Farbe Braun. Im Original ist diese dunkler gehalten und besitzt in Teilbereichen ein sichtbares Druckraster mit 75 Grad. Bei der Fälschung dagegen sind die Brauntöne heller und ohne sichtbares Druckraster. Weiter gibt es bei der Ausführung des braunen Kreuzes einige wenige kleinere Zeichnungsunterschiede, beispielsweise in der Spitze des rechten Schenkels.
Im der rechten oberen Ecke des Briefmarkenmotivs sind einige leichte Spuren der schwarzen Farbe vorhanden. Diese wurden gerastert gedruckt, beim Original beträgt der Rasterwinkel 45 Grad bei der Fälschung dagegen 75 Grad. Außerdem ist die Farbe bei der echten Marke etwas dünner aufgetragen.
Diesen unscheinbaren Unterschied muss man aber erst einmal kennen, sonst könnte er leicht übersehen werden. An den restlichen Stellen, wie bei der Beschriftung (Name und Alter, Landesangabe, Jahreszahl, Wertangabe und einiger weiterer Teile), ist die schwarze Farbe flächig gedruckt worden. Sie unterscheidet sich nur in der Wirkung der Farbe. Bei der echten Marke wirkt diese eher Mattschwarz und die Buchstaben und Zahlen sind sauber gezeichnet. Bei der Fälschung dagegen hinterlässt die schwarze Farbe einen kräftigen Eindruck und speziell die Buchstaben- und Zahlenenden sind eher rund als scharfkantig. Weiter kann man bei der echten Marke in der Umgebung auf den weißen Flächen die Faserstrukturen erkennen, während bei der Fälschung auf den weißen Papier die Spuren einer Lackierung (glänzende Punkte) erkennbar sind.
Die roten Bildelemente geben keine prägnanten unterschiedlichen Stellen für Vergleichszwecke her. Auch der kopfstehende blaue Schriftzug „Beuys“ liefert trotz Rasterung keine markanteren Stellen zur Unterscheidung der echten und der falschen Marke. Die Markenvorderseite bietet also sehr wenige Kriterien zur Erkennung an.
Die Zähnung
Bei der Rückseite sieht es zumindest bezüglich der Zähnung sehr gut aus. Zwar sind beide Marken mit 13 ¾ perforiert, im Original als Kammperforation mit sauberen runden Löchern, bei der Fälschung mittels Laserperforation mit Brandspuren des Lasers auf der Rückseite der konischen etwas unrunden Löcher.
Sollte die Marke allerdings auf einer Briefsendung kleben, würde dieses Kriterium zu Unterscheidung faktisch nicht prüfbar sein. Erstaunlich ist bei der Fälschung allerdings, das die Gummierung nicht mittels Rasterdruck, so wie bei den letzten bekannten Fälschungen aufgetragen wurde. Vielleicht kommt diese Fälschung ja aus einer anderen chinesischen Druckerei ?
Die Sicherheitsmerkmale UV und Seltene Erden
Betrachten wir nun die echte und die falsche Marke unter UV-Licht mit 365 Nanometer. Die Fluoreszenzreaktion ist hier beim Original eher etwas schwächer gelblich als bei der Fälschung, die stärker ausgeprägt ist, sich jedoch kaum unterscheidt. Die Unterschiede resultieren aus der unterschiedlichen Anwendung. Bei der echten Marke befindet sich der UV-Farbstoff ja bekanntlich in der oberen Papierschicht (Oberflächenstrich), die darüberliegende Farbe führt zu einer Abschwächung, also einer etwas schwächeren Fluoreszenzreaktion. Bei der Fälschung befindet sich der UV-Farbstoff wieder als Lackierung in der obersten Schicht.
Betrachten wir nun noch die Infrarot-Fluoreszenzrekation auf 980 Nanometer bei der echten und der falschen Marke. Bei beiden Marken ist dieser zusätzliche Sicherheitsdruck mit den „Seltenen Erden“ in einem Rechteck mittels eines farblosen Trägers um das Bildmotiv in gleicher Geometrie vorhanden.
Allerdings ist der Effekt beziehungsweise die scheinbare Intensität etwas unterschiedlich. Bei der Fälschung ist diese scheinbar etwas stärker als bei der echten Marke. Dies dürfte an der unterschiedlichen Reihenfolge liegen, wann dieser farblose Träger als „Druckschicht“ eingefügt wurde. Bei der echten Marke wurde dies über der Farbe aufgebracht, während er bei der Fälschung zumindest unter der schwarzen Farbe gedruckt wurde.
Dies lässt sich am ehesten an der schwarzen Schrift und am schwarzen Stempel beim Motiv erkennen.
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Resümee
Wie man der Detailuntersuchung entnehmen kann, handelt es sich um eine höchst professionelle Fälschung, die auf einem Brief vermutlich extrem schwierig, wenn überhaupt erkennbar ist. Nur ein sehr geschulter Experte dürfte die falsche von der echte Marke anhand des Motivs unterscheiden können. Glücklicherweise sind bisher allerdings keine extrem großen Mengen dieser Fälschung aufgetaucht.
Sollte diese Technik aber für weitere Marken eingesetzt werden, wird es schwierig die so gefälschten Marken zu erkennen. Die Autoren werden diesen Fall weiter sehr aufmerksam verfolgen. Sollte ein Leser oder Händler ein Angebot dieser Marke erhalten, so kann er sich gerne an die Autoren wenden. Alle Daten und Anfragen werden selbstverständlich nach dem deutschen Presserecht streng vertraulich behandelt.
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